Seelenbindung

"Ich habe vor, daran zu arbeiten, dass bei mir auch eine Seelenbindung vorgenommen werden kann. Aber nicht unbedingt als Teil der Natur. Ich könnte es mir gut vorstellen, die Samil anzureichern. Ich muss mal mit Karim drüber sprechen.
Veid
 
Die Seelenbindung ist ein Ritual, deren Bedeutung sich von den Avexta bis in die heutige Zeit in den Jahrzehntausenden mehrmals stark veränderte. Einst ein Ritual, in dem die Seele an einen Gegenstand gebunden wurde, um konsumiert zu werden, dann wieder eines, um die Seele in einen Schlummer zu versetzen bis die Seelen dadurch schließlich in mehr oder minder großem Bewusstsein spirituell Teil der Natur wurde und diese belebte. In der letzten Form überdauerte sie schließlich Jahrzehntausende, um in der Vernichtungszeit des Krieges kurz beschleunigt zu werden, nur um heutzutage wieder traditionell angewandt zu werden.
 

Ursprünge des Rituals

Dadurch, dass in der Übereinkunft der Götter zur Behandlung von Masmiim ursprünglich festgehalten worden war, dass kein Gott mehr auf Masmiim eingreifen sollte, ergaben sich nicht nur Probleme für Priester, die plötzlich verlassen waren, sondern noch deutlich grundlegendere: Den Bewohnern Masmiims blieb das Totenreich verwehrt. Ihre Seelen stiegen also nicht herab, sondern verblieben einfach auf Masmiim, wo sie rastlos umher wanderten. Die Avexta, die Vorgänger der Kastaan, fanden ihre eigene Lösung für das anwachsende Problem: Sie banden die zuvor oft in einen Schlaf versetzten Seelen an Gegenstände und verwandten sie als magische Energiequelle, wodurch ihre Magier zu wahrhaft Großem fähig waren.

Erste Veränderungen

Als aus den Avexta wegen deren Zerstörungswut die Kastaan hervor gegangen waren begann sich auch für diese die Frage zu stellen, was denn nun mit den ganzen Seelen der Verstorbenen geschehen sollte, denn eine Bindung, um sie danach zu konsumieren, kam für sie nicht in Frage - auch wenn anfangs viele ihre Seele im Dienste der Allgemeinheit noch opfern wollten. Eine erste übergangsweise Lösung waren für sie die Seelenhäuser.   Mit der bereits vorhandenen Technik wurden die Seelen weiterhin in einen Schlaf versetzt und in den Seelenhäusern an Säulen gebunden. Diese Technik hatte zwar den Vorteil, dass nun sogar der Toten gedacht werden konnte, wodurch auch Angehörige mehr zur Ruhe kamen und besser trauern konnten als zuvor, aber irgendwann die Häuser der Toten das Land der Lebenden dominieren würden. Es wurde überlegt, sie vielleicht an die Natur zu binden, aber die war in dieser Zeit noch zu geschädigt als dass der Vorgang ernsthaft in Erwägung gezogen wurde. Nicht dass der Schmerz der Umgebung die Seele noch weckte und sie am Ende wahnsinnig wurde - was sich niemand für sich oder Angehörige wünschte.

Bindung an die Natur

Als die Natur schließlich wieder immer intakter wurde - und auch die Zahl der Seelenhäuser immer mehr zugenommen hatte, so dass ganze Seelenhaussiedlungen entstanden waren - kam die Bindung an die Natur wieder verstärkt ins Bewusstsein. Die Schamanender Kastaan debattierten lange über den richtigen Weg, ehe sie entschieden, die Seelenbindung tatsächlich zu reformieren.   Alle Seelen beziehungsweise die Lebenden davor sollten soweit wie möglich lenalit werden, um ihnen die Ruhe in der Natur zu erleichtern und dann an bestimmte Orte in der Natur, möglichst ihren Wunschort, als schlafende Seele gebunden zu werden. So bürgerte es sich mit der Zeit ein, dass die Schamanen ältere oder kranke Menschen besuchten, ihnen meist eine Lösung aus Wasser und Atranales-Pulver zu trinken gaben und den Wunschort abfragten. Nach dem Tod wurde die schlafende Seele in einer feierlichen Prozession in einem Übergangsgefäß an ihren Bestimmungsort gebracht, wo sie eins mit ihrem Wunschort in der Natur wurde.

Reform nach Juhen

Diese Form der Seelenbindung war abgesehen von den Schamanen die Vorherrschende als Juhen seine Entdeckung bezüglich der Blutsporung des Milrima machte. Dies als Denkanstoß nehmend stellte er die Frage in den Raum, ob man ihren Mitmenschen, so sie wollten, nicht bereits zuvor ein Leben im größeren Einklang mit der Natur ermöglichen solle, so wie es bei den Schamanen der Fall war. Er versprach sich davon auch in der normalen Bevölkerung ein größeres Bewusstsein für die Natur, so dass die Regeln der Schamanen zum Umgang mit dieser auch besser verstanden werden konnten.   Außerdem stellte er die Frage in den Raum, ob wirklich jede Seele schlafen musste, ehe sie in die Natur trat oder es Willigen mit weiteren Vorbereitungen nicht zu ermöglichen, bewusst Teil der Natur zu werden, wie es bei den Schamanen seit jeher der Brauch war. Seine Vorschläge wurden viel diskutiert und schließlich - noch zu seinen Lebzeiten - auch weitestgehend angenommen. Seit 64.100 AZT wird das Ritual der Seelenbindung auf diese Weisen vollzogen:

Die traditionellen Formen der Seelenbindung

 
Die aktive Seelenbindung: Im Laufe seines Lebens beschäftigt(e) sich der Kastaan mit der Natur und seinem späteren Verbleib in dieser. Durch Rituale wie das Mita al Saram wird der Kastaan bereits in seinem Leben lenalit und überlegt sich, wo er später Teil der Natur werden möchte. Wenn er entscheidet, dass seine Seele dabei schlafen soll, ist danach keine weitere Vorbereitung von Nöten, sondern die schlafende Seele wird nach dem Tod meist in einer Prozession an ihren Bestimmungsort gebracht und an diesen gebunden oder eher mit ihm verbunden.   Wenn der Kastaan sich für eine wache Seele entscheidet, erfolgen nach seiner Einstimmung auf die Natur weitere Rituale, damit die Seele zur Ruhe kommen und sich zeitgleich direkt mit der Natur verbinden kann. Meist erfolgt kurz vorm Ableben eine Prozession zur gewünschten Stelle, wo der Seele des Sterbenden der aktive Übergang in die Natur ermöglicht wird, etwa um über diese oder ihre Nachkommen zu wachen. Da durch diese Herangehensweise der Übergang vom Leben in den Tod deutlich aktiver gestaltet, ja sogar Leid durch lange Bettlägrigkeit oder Krankheit vermieden werden konnte, erfreute sich diese Form der Seelenbindung zunehmender Beliebtheit bis sie schließlich weit vorherrschend wurde.
 
Ist die Seele dann die ganze Zeit wach?
 
Tatsächlich nicht. Die meisten Seelen sind vor allem zu Beginn wach, ehe sie aus vielerlei Gründen in einen seichten Schlaf fallen. Aus diesem wachen sie aber meist auf, wenn etwas ihre Aufmerksamkeit erregt, etwa weil ein Schamane sie in einem Ritual wie dem Darna al Kimar zur Natur und deren Bedürfnisse befragen möchte.
 
Die passive Seelenbindung: Sie kam immer dann zum Einsatz, wenn es einem Betreffenden nicht möglich war, sich im Leben ausreichend mit dem Verbleib seiner Seele nach dem Tod zu beschäftigen, sei es durch einen frühen oder sehr plötzlichem Tod oder Benachteiligungen, die es demjenigen geistig nicht erlauben, über sein Leben bewusst zu entscheiden. Wenn der Schamane in diesen Fällen vor dem Tod den Betreffenden erreichen kann, wird weiterhin eine Lösung verabreicht, die den Zustand lenalit herstellt und nach Möglichkeit nach dem Wunschort befragt. Dann wird nach dem Ableben die schlafende Seele dorthin transportiert. Wenn diejenigen vor Eintreffen des Schamanen verstarben, etwa bei gewaltsamen oder sehr plötzlichen und frühen Todesfällen wird die Seele erst einmal besänftigt und dann durch relativ aufwändige schamanische Rituale lenalit, um dann schlafend mit einem Ort der Wahl oder einem Ort der Wahl der Familie verbunden zu werden.
Inhaltsverzeichnis
 
Ist Seelenbindung überhaupt noch relevant?
 
Tatsächlich ja. Sofern ein Kastaan sich nicht aktiv zur Götterverehrung bekennt, verschwindet seine Seele auch nach der Rückkehr der Götter nach Masmiim nicht im Totenreich, sondern verbleibt als Seele auf Masmiim. Allerdings arrangierten sich lange Jahrtausende die verbliebenen Kastaan schon wegen der erfolgten kulturellen Assimilation soweit mit den Göttern, dass die meisten ins Totenreich eingingen und die restlichen Seelen fast schon vernachlässigbar waren.
 
Und was passierte mit den ganzen Seelen zum Zeitpunkt des Krieges und des Völkermords?
 
Tatsächlich konnten diese Seelen nicht geordnet mit der Natur verbunden werden. Als die Schamanen erkannten, dass eine Niederlage unausweichlich war und die Berenen ihr Volk zudem großteils als Heiden in Blutbädern abmetzelten, taten sie in ihren letzten Handlungen alles, um die Seelen zu schützen. So kam es, dass viele Seelen in besonderen Steinen wie etwa dem Stein von Hastart in der Hoffnung aufbewahrt wurden, sie in einem ordnungsgemäßen Ritual mit der Natur verbinden zu können. Viele dieser massenhaften Seelentransporte gelangen auch und die Kastaan konnten noch halbwegs Teil der Natur werden wie sie sich das immer gewünscht hatten und dabei zudem mit ihrem Umfeld gemeinsam leben. Die meisten der abseits dieser Fälle verbliebenen Seelen konnten dann im letzten Opfer der verbliebenen Schamanen mit ihnen zusammen in den Schoß der Erde eingehen, so dass die Zahl der herumwanderten kastaanischen Seelen aus der Zeit des Krieges tatsächlich überraschend gering ist.

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