Wie ich außerdem nicht sterben will:
- von einer lebenden Steinstatue erschlagen werden
Die heutigen Gerichtsverhandlungen verliefen ohne große Überraschungen und wir wurden eindeutig als unschuldig anerkannt, da viele Zeugen für uns aussagten. Ich war ehrlich gesagt enttäuscht, wie langweilig und trocken so ein Prozess ist. In Nellys Detektivromanen wird immer von hitzigen Wortgefechten, "Einspruch!"-Rufen und wichtigen Zeugen oder Beweisen in letzter Sekunde geschrieben. Unser Prozess war langwierig und dauerte beinahe drei Stunden. - Hauptsächlich deswegen, weil sich Neriah Brielle Starchild bei seiner Aussage "Ich kann bezeugen, dass die Angeklagten in der zweiten Tatnacht nicht in der Nähe das Tatorts waren." nicht kurzfassen konnte, sondern zwei Stunden lang von sich erzählte.
Wichtige Personen bei den heutigen Verhandlungen waren:
- Richterin Zsetszathuss al-Ssahn
- Verteidiger Hadiyah Flamescale
- Ankläger Yasmin Djinnborn
Eine Information, die herausstach, war allerdings, dass unser Anwalt keinerlei Informationen zur Existenz des sechsten Prinzen oder der Arabischen Knoten aufnehmen konnte. Auch den anderen Personen im Gerichtssaal schien es so zu gehen, ausgenommen Neriah Brielle, der die Information mehrmals während der Verhandlung aufbrachte, sowie den übrigen Sixfold Schadows. Es scheint so, als wären wir zwölf die (bislang) einzigen, die eine Verbindung oder eine Art Verständnis für diese vergessenen Geschichten hätten. Wir vermuten, dass das Phänomen vom Blind Storyteller am Market of Melodies ausgeht. Die Hypothese muss noch bestätigt oder falsifiziert werden und ist Gegenstand zukünftiger Diskussionen.
Oro versprach mir, dass er mich niemals köpfen wird. Ich habe es jetzt notiert und werde ihn bei gegebenem Anlass daran erinnern.
Eine gewonnene Gerichtsverhandlung ist noch lange kein Grund, um sich auszuruhen, deshalb beschlossen wir, den Nachmittag noch sinnvoll zu nutzen. - Immerhin werden noch immer Kinder vermisst. Alizèe war fest davon überzeugt, dass uns PRT H.E.L.I.O.S weiterhelfen könne, weshalb unser nächstes Ziel die Bennain Guildhall war. Ich war sehr glücklich darüber. Die Bennain Guildhall ist ein beeindruckendes Gebäude und ich fühle mich immer sofort wohl in ihrer Nähe. Ich würde so gerne dort studieren. Ich habe noch viel Arbeit vor mir, wenn mein Projekt gelingen soll.
Wir brauchten einige Zeit um uns zurechtzufinden: Die vielen Brücken im Innenhof und der verzweigte Aufbau des Campus machen es unmöglich, einen bestimmten Ort zu erreichen, wenn man den Weg nicht bereits kennt. Ein freundlicher Student half uns schließlich, bis vor H.E.L.I.O.S. Tür zu gelangen. Auf der Fußmatte stand ein etwa kniehoher, mechanischer Würfel. Als wir uns näherten erhob er sich auf seine Beine. Der Würfel war ein bezaubernder kleiner Automaton - Er schmiegte sich an meine Beine und ich begann mit ihm zu spielen und zu kuscheln. Ich fühlte mich richtig geborgen, als ich ihn im Arm hielt. PRT H.E.L.I.O.S hatte bemerkt, dass wir angekommen waren und begann sehr langsam, die Treppe nach unten zu gehen, um uns die Tür zu öffnen. Wir durften in einem sehr gemütlich aussehendem aber sich nicht so gemütlich anfühlenden Sitzbereich Platz nehmen. Ich überreichte PRT H.E.L.I.O.S eine Visitenkarte. Er freute sich darüber. Oder vielleicht nicht. Ich weiß nicht, ob er sich freuen kann, er ist ein Automaton entwickelt von Cuannur Bannain persönlich. Frederick hatte eine fantastische Idee für meine Visitenkarten: Ich solle ein Netzwerk aufbauen, indem ich einige Visitenkarten bei PRT H.E.L.I.O.S zur freien Entnahme für zukünftige Besucher zurücklasse. Ich muss unbedingt Nelly davon erzählen! Ich sollte auch Oro und Yuri fragen, ob ich
einige Visitenkarten im Ta'Alaq auslegen dürfte.
Wir sprachen mit H.E.L.I.O.S. über die Morde, die arabischen Knoten und dem sechsten Prinzen. Zu unserer Überraschung hatte er kein Problem damit, die Fakten zu registrieren. Deshalb erzählten wir ihm auch die Geschichte des Blind Storytellers und die Geschichte des sechsten Prinzen. Wir fragten ihn auch nach dem unstetigen Verhalten der Arabischen Knoten als Portal. Dazu spezifisch konnte er uns nichts sagen, aber er erklärte uns, dass für Conjuration Magie immer jeweils eine Komponente mit Verbindung zum Anfangspunkt und eine mit Verbindung zum Endpunkt sowie die Zauberkomponente selbst benötigt werden.
Uns Allen außer mir fehlte diese Verbindung zum Endpunkt und meine, was auch immer sie war, schien nicht stark genug zu sein, um die Verbindung aufrecht zu erhalten. Wir beschlossen, die Experimente mit den Portalen bei der nächsten Gelegenheit mit dem antiken Sand als Endpunktkomponente erneut zu wiederholen.
Unser Besuch beim Helpful Founder dauerte einige Stunden länger als geplant. Dafür gab es zwei Gründe namens Aurelie und Frederick. Ich machte den Fehler, in einem Gespräch nachzufragen, was es mit dem erwähnten Karpfen auf sich hatte. Das weiß ich bis jetzt noch nicht so genau, weil ich relativ schnell einschlief, als H.E.L.I.O.S. einen Monolog darüber führte, was verschiedene unwichtige Personen über die Existenz eines Fisches zu sagen hatten und haben, für die es keinerlei Beweise gibt. Der zweite Monolog begann damit, das Frederick ihn nach seinem Standpunkt in der Component Pouch vs. echte Material Components Diskussion fragte. Davon bekam ich noch weniger mit, bevor ich einschlief. Ich bemerkte nur noch, dass Yuri flüchtete, weil er seinen Abendkurs verpasste. Der Glückliche. Ich habe in den letzten zwei Tagen mehr geschlafen als in den letzten zwei Jahren davor. Schlaf ist so eine Zeitverschwendung.
Zwischen den beiden leeren Diskursen konnten wir aber noch eine wichtige Information ergattern: der Helpful Founder konnte mit dem Arabischen Knoten und den Positionen der letzten Tatorte einen möglichen nächsten triangulieren. Diese Information führte dazu, dass wir hektisch aufsprangen, Yuri aus seinem Abendkurs zerrten und die Dragonflies zum erwähnten Ort nahmen.
Yuri macht einen Abendkurs in
Bildhauerei! Ich hätte nie gedacht, dass er so handwerklich geschickt ist oder Interesse an Kunst hat. Er wirkt immer so streng und geordnet.
Leider waren wir nicht rechtzeitig am Tatort, auch Familie Malechim war den Living Echos und dem sechsten Prinz zum Opfer gefallen. Diesmal jedoch konnten die Separ Talsam darauf reagieren und sogar ein Echo töten. Der Vater war leider schon tot, als wir das Haus erreichte. Die Mutter und ein weiterer Mann waren noch am Leben. Ich versuchte, ihnen zu helfen, die Zeit für sie zurück zu drehen. Die Wunden des Mannes verschlossen sich, aber der Frau war ihre Seele gestohlen worden. Ich konnte nichts mehr für sie tun sondern verlängerte ihr Leiden nur noch. Der Mann schien ihre Bruder zu sein. Er stand unter Schock und konnte nicht aufhören zu weinen. Ich war komplett überfordert und rief Alizée. Sie hat etwas mehr Feingefühl für Situationen wie diese. Was sagt man zu einer Person, die gerade mehrere Angehörige verloren hatte und dabei zusehen musste? Gestern Abend mit Frederick wusste ich auch nicht, was ich sagen sollte. Nachdem wir uns umgesehen und nichts weiter entdeckt hatten, beschlossen wir uns den Experimenten zu den Portalen zu widmen. Diesmal konnten wir auf Anhieb eine bestehende Verbindung zum Endpunkt herstellen, aber nicht der Sand war die fehlende Komponente, sondern unser Wissen über den sechseten Prinzen.
Das, was uns auf der anderen Seite des Portals erwartete, schien mir eher wie ein Märchen, als die Realität. Wir standen in einem prunkvollen Schlosshof. Die Architektur erinnerte an Shal'Azura aber hatte etwas Fremdartiges an sich. Alle Lebewesen, die wir sehen konnten, hatten ausgekratzte Augen und zugenähte Münder. Ein Diener wandte sich uns zu. Er wirkte hilfsbereit und erklärte uns in der unbekannten Sprache, dass zur Zeit die Vorbereitungen im Palast noch in vollem Gange waren. Zu meinem Erstaunen begann Yuri mit ihm zu sprechen. Ich konnte mich kaum auf des Gespräch konzentrieren, weil mich das Aussehen des Dieners sehr ablenkte. Obwohl sein Mund zugenäht war, konnte er klar und deutlich reden. Yuri log ihn an und behauptete, wir seien Gäste, eingeladen vom Köngspaar selbst und wir wollten vor den Feierlichkeiten dem sechsten Prinzen noch einen Besuch abstatten. Der Diener erzählte davon, dass dies der Palast der 'ersten königlichen Familie" sei und der Weg zur Familie von vielen gefährlichen Fallen gesichert werde. Die Bewohner des Palastes seien geschützt durch die "Zeichen der ersten drei Völker". Er selbst zeigte uns ein Symbol auf seinem Hinterkopf, das wie eine Acht aussah. Außerdem versprach er uns, er würde uns unbeschadet zum Turm des sechsten Prinzen bringen, wenn wir nur einen Moment darauf warten würden, dass er die Vorbereitungen abgeschlossen hatte.
Yuri fasste das Gespräch für unsere überraschten Freunde zusammen. In der Zeit spielte ich mit meinem Handschuh und bemerkte, dass die Zeiger immer auf den Turm des Prinzen zeigten. Die anderen waren sich einig, dass wir schon zum Turm vorgehen sollten. Sie trauten dem Diener nicht und glaubten, er wolle uns schade. Ich verstehe nicht ganz, wieso sie so misstrauisch waren. Der Diener war freundlich und wollte uns helfen, wenn wir nur etwas Geduld hätten. Gab es da einen Subtext, den ich nicht wahrgenommen habe? Ich dachte, es wäre unhöflich, einfach so zu verschwinden, wenn einem jemand seine Hilfe angeboten hat. Dem muss ich bei Zeiten auf den Grund gehen.
[Die folgende Zeile ist eingekreist:]
Alizée danach fragen, sie kennt sich damit aus