Ein wenig Hoffnung in der Vernichtung
Disclaimer: Enthält oberflächlich behandelten Massenmord
Es war falsch. Schlichtweg falsch. Ein Fehler. Aber leider keiner, der die Götter kümmerte. Der Dämonen des Azmaer/der Ardmenes sah zu, wie die Berenen die verbliebenen Kastaan – eine bunte Mischung aus Alten, Kindern, einigen Frauen und sehr wenigen Männern jungen und mittleren Alters - zwangen, die Leichen ihrer Angehörigen – eine beinahe ebenso bunte Mischung aus den meisten Männern und Frauen jungen und mittleren Alters, einigen Alten und Kindern – aus der Stadt hinaus und weg zu den Feldern zu tragen.
Ein verbreitetes Muster in den Gebieten, bei denen es sich die Berenen offen halten wollten, sie später zu besiedeln. In den abgelegeneren Gebieten, denen sie keine Bedeutung beimaßen, blieben die Leichen oftmals einfach liegen. Und dort wurden dann meist noch weniger Gefangene gemacht. Immerhin mussten diese ja mit geführt werden, ganz davon abgesehen, dass es dort für die Gefangenen oft deutlich leichter war, nochmals zu entkommen und sich zu verstecken, wenn nicht gerade ein geeigneter Priester oder Magier dabei war. Hier in dieser Gruppe von Berenen gab es genau einen Priester. Und zwar einen sehr fanatischen.
Mit einem stillen Seufzer sah er der Leichen-Karawane noch ein wenig zu, ehe er sich zu deren Ziel teleportierte. Abseits der Ackerflächen der kleinen Stadt gab es eine Wiese von ausreichender Größe, als dass sich auf dieser eine Grube ausheben ließ, die alle Verstorbenen der Stadt aufnehmen können würde. Auch die noch nicht Verstorbenen. So zumindest die Theorie. Praktisch krankte es daran, dass sich kein Berene die Hände schmutzig machen wollte und die überlebende Gruppe junger kastaanischer Männer zu klein war, um ausreichend schnell voran zu kommen.
Entsprechend ungehalten war der Befehlshaber der Berenen und auch der Priester, als er nun bei ihnen auftauchte. „Das dauert zu lange.“, herrschte der Hauptmann den Priester der Ardmenes an, der so klug war, dies an ihn weiter zu geben. Zumindest in Nethiler und nicht in Iles. „Du hättest mehr verschonen sollen.“, zischte der Priester ihn an, worauf er schon aus Prinzip in Iles antwortete, auch für den Hauptmann. „Der Befehl war – neben der Schleifung der Verteidigung -, alle bewaffneten Feinde zu töten. Fast jeder Mann war bewaffnet.“ Ein stechender Blick, den er ignorierte.
Er verstand natürlich, dass es um Verschiedenerlei gegangen war. Zum einen hatten sich die Berenen auf ihrem Durchmarsch in dieser doch eher kleinen Stadt nicht verausgaben wollen. Ja, man könnte sogar sagen, sie hatten keine Gefahr eingehen wollen. Unter diesem Druck hatte der Hauptmann mit seiner eigentlich viel zu kleinen Streitmacht gestanden, zumal er um einen Ansehensverlust gefürchtet hatte, und hatte den Druck an den Priester weiter gegeben. Und dieser Priester der Rächenden war fanatisch genug gewesen, dass er zum ultimativen Mittel gegriffen hatte, um die Macht ihrer Göttin zu demonstrieren: Er hatte sein Nachleben – oder alternativ sich direkt, sobald der Sieg der Berenen vollendet wäre – ihrer Göttin in ihrer Sphäre geopfert -, um dafür direkte Hilfe durch sie zu erhalten, um diese Stadt einzunehmen.
Er blickte den Mann an, den dieser Bund – wie er wusste – auf seiner Brust mit ihrem Mal gezeichnet hatte. Es war auf der einen Seite verständlich, dass er bei einem für Menschen recht großen Opfer Perfektion in seinen Augen erwartete. Auf der anderen Seite war es sein Befehl gewesen und etwas Dankbarkeit dafür, eine ganze Stadt mit über 5.000 Einwohnern im Handstreich einnehmen zu können, wäre seines Erachtens schon angebracht gewesen. Zumal es für überlebende Kastaan eine wirklich große Machtdemonstration der Berenen darstellte.
Bei Ihnen konnten nur die mächtigsten Schamanen Naturgeister rufen, während ihre Feinde sich der Macht ihrer Götter bedienen konnten, wenn sie nur – wirklich - wollten. Theoretisch würde ihnen damit ihre Unterlegenheit, ja ihr Untergang nur zu plastisch vor Augen geführt. Auch wenn er vermutete, dass hier kein Kastaan frei gelassen werden würde – und die wenigsten am Leben. Womit es nichts gebracht hatte. Nun gut. Deren Krieg. „Dann sorg dafür, dass wir die Leichen alle verschwinden lassen können. Das sollte ja wohl noch drinnen sein.“, kam nur ein halbes Zischen als Erwiderung.
Der Dämon, der den braunhaarigen Priester um eine Kopfeslänge überragte, obwohl Adeszil nur so groß wie größere Menschen waren – ohne Flügel – verkniff sich einen Kommentar und begann einen weiten Ring auf der Wiese abzulaufen, dabei in regelmäßigen Abständen magische Symbole in das Gras brennend. Hier würden sie niemandem etwas sagen, war er doch der einzige brauchbare Magier in der Nähe, was im Übrigen ein weiteres Problem des Hauptmanns darstellte. Ein Priester im Range eines Meisters, kein Magier. Eigentlich kein Wunder, dass zu diesem Mittel gegriffen worden war. Fertig besah er noch kurz den Durchmesser des entstandenen Kreises, nickte und trat wieder zu den beiden Hauptverantwortlichen.
"Sobald eure Männer weg sind, ob mit oder ohne Berenen, wird die Grube da sein.“, informierte er, nur um erneut keines Blickes durch den Befehlshaber gewürdigt zu werden. Stattdessen wandte dieser sich schlicht um, gab seinen Untergebenen entsprechende Anweisungen. Anweisungen, die dafür sorgten, dass die Berenen sich ihrer Gefangenen soweit entledigten, ehe sie den Kreis verließen. Es war typisch. Die meisten Menschen betrachteten Dämonen als abstoßend und wollten möglichst wenig mit ihnen zu tun haben, selbst wenn sie diese benutzten. Engel hingegen waren eine andere Geschichte. Unwissende.
Auch jetzt wieder. Regelrecht wachsam wurde er von den Streitkräften gemustert, als er nun mit sehr knappen Gesten – gestenlos wäre hier Energieverschwendung – sich die Erde innerhalb des Kreises öffnen ließ, nur damit nach einem Stoß magischer Energie, der die Leichen beziehungsweise die sterbenden Kastaani verzehrte - kein ungelenker Krater entstand, sondern eine kreisförmige Ebene, auf die Stufen und eine Rampe von ihrer Seite des Kreises aus hinab führten. Gerade noch rechtzeitig ehe auch schon die ersten Kastaani der Leichenkarawane in Sicht kamen.
"Und wie soll diese Grube bitte wieder zugeschüttet werden?“, dankte ihm der Priester die Leistung nicht gerade, während die ersten Einheimischen herunter befohlen wurden. Der Schwarzhaarige ließ sich mit der Antwort Zeit, während er das Leid in den Gesichtern der Menschen beobachtete. Ja, vor allem Leid, während sie überwiegend die eigenen Angehörigen, die Älteren oft immerhin die eigenen Kinder, irgendwie weiter transportierten, während ihnen zu dämmern schien, was auch ihnen blühen würde. Wenn sie es nicht ohnehin gewusst hatten. Wie die Berenen vorgingen, hatte sich zumindest bereits herum gesprochen.
"Der Altar wird bestehen bleiben. Zum Ruhme der Unerbittlichen.“, beschied er ihm schließlich, was den anderen erst stutzen ließ, während er noch lauter wurde. „Und die Leichen? Die müssen weg! Darum geht es ja.“ Ach… . Erneut dauerte es, während er beobachtete, wie nun die Selektion ihr Ende fand, als die Soldaten den schier endlosen und ewig langsamen Zug abschritten und immer wieder insbesondere die wenig verbliebenen halbwüchsigen Frauen sowie einige Knaben und Mädchen herauszogen, die sie an einen anderen Platz brachten. Sklaven wurden gebraucht, aber natürlich nicht so viele, wie er übrig gelassen hatte beziehungsweise die nach seinem Part in die Stadt eindringenden Männer, die es nicht ausgelassen hatten, nicht nur die Heiligtümer der ehemals kastaanischen Stadt zu schänden. Krieg. Und er wusste ja, dass diese Art Gewalt auch vielen Dämonen gefiel. „Sie werden weg sein.“ „So? Erklär dich gefälligst. Noch habe ich hier das Sagen.“ Nicht mehr lange. „Schau einfach zu, wenn alle drinnen sind, die drinnen sein sollen.“
Er ließ die Flüche des Priesters über sich ergehen – da kannte er weit Schlimmeres – während er weiterhin die Kastaan betrachtete, die teils herunter kommandiert, teils gestoßen wurden. Götter… erst verließen sie sie, dann machten sie die Verlassenen selbst dafür verantwortlich. Oder ließen das zumindest zu. Sehr langsam füllte es sich, die ersten noch Lebenden mussten auf die Leichen der Gefallenen steigen, damit genügend Platz war, auch wenn versucht wurde, zumindest die Leichen der Kleinsten in den Armen zu behalten und auch die noch lebenden Jüngsten weiter zu trösten – selbst wenn inzwischen die allermeisten wirklich wissen mussten, was kommen würde. Als es schließlich soweit vollbracht war und der Priester ihm das Zeichen zur Beseitigung gab, war längst der Gedanke in ihm gereift, wie er zumindest ein wenig Gerechtigkeit würde walten lassen können. Es war einfach noch in ihm drinnen, egal, was die anderen sagten. So ließ er nun mit erneut wenigen Gesten zwar die Lebenden und die Toten in einer gewaltigen schwarz-violetten Flamme restlos und überraschend ohne weitere Qual vergehen, verschonte jedoch die Seelen, um diese stattdessen in einem gleichsam schwarzvioletten faustgroßen sechszackigen Kristall zu sammeln, den er im Boden in der Mitte des Rundes entstehen ließ. Auf dass sie eines Tages zu den ihren kommen konnten. Nachdem dies erledigt war, wandte er sich ein letztes Mal – für jetzt – von dem Priester ab. „Meine Arbeit hier ist getan. Wir sehen uns wieder, wenn ich dich hole.“ Und damit verschwand er in seine Sphäre.
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