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Afyras Kinder


"Ihr meine Kinder, ihr Ausgestoßenen, Geächteten, ihr Heimatlosen und Verachteten, ihr Verstoßenen und Verfluchten! Ihr seid meinem Herzen näher, als jeder Kaiser. So kommt denn in meine Arme, ich bin euer Schutz und eure Zuflucht, euer Trost!"
Schon bevor der Kult der Heiligen Zwillinge Reichsreligion wurde, fanden sich im ganzen Reich Ausgestoßene, Verbrecher, Arme und Geächtete in kleinen und kleinsten Gruppen zusammen und verehrten Afyra als ihre Schutzpatronin. In ihr und Afyras Schicksal als Verstoßene und Verleugnete sahen sie ihr eigenes Leid, in Afyras Haß auf ihren Unterdrücker fanden sie sich selbst und in ihrer Macht Hoffnung. Mit der Umkehrung der allgemein akzeptierten Werte, in der Verehrung der Schattenherrin als Behüterin, kam ihre Auflehnung gegen Unterdrückung zum Ausdruck und ihr Wunsch nach Rache. Es gab keinen Zusammenhang, keine Organisation, keine Priesterschaft, keinen Kanon. Gemeinsam war diesen kleinen Gruppen nur die Verehrung der Schattenherrin, der Haß auf die etablierte Ordnung, die Hoffnung auf ein Ende ihrer Not und der eiserne Zusammenhalt, mit dem sie ihrem Geschick zu trotzen suchten.

Lange blieben diese Gruppen unbeachtet, vegetierten am äußersten Rand der Gesellschaft, waren nicht mehr als achtlos abgetanene Gerüchte. Doch in den Wirren des Interregnums und dem anschließenden Bürgerkrieg erstarkten die bestehenden Gruppen durch die um sich greifende Not, Zerstörung und Unsicherheit. An vielen Orten traten die Kinder Afyras zum ersten Mal ins Licht der Öffentlichkeit und erhielten regen Zulauf. So unterschiedlich wie diese Gruppen waren, so vielfältig waren auch ihre Glaubensinhalte. Von Aufrufen zur Revolte gegen die Herrschenden bis hin zu Heilsbotschaften reichten ihre Verkündungen. Gemeinsam war ihnen nur die Verehrung der Schattenherrin.

Trotz der hie und da aufflammenden Hungerrevolten, angestiftet durch die Kinder Afyras, bliebt der Einfluß auf die Ereignisse gering. Im Gegensatz zu den Locetinern , deren Macht in den blutigen Tagen des Interregnums kulminierte, deren Reihen viele mächtige und einflußreiche Gläubige umfaßten und die in manchen Regionen des Reiches breite Unterstützung aus der Bevölkerung genossen, blieben die Kinder Afyras eine Bewegung der Armen und der Ärmsten und ihr Glaube für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung eine schändliche Blasphemie, da die Glaubenslehren des Tempels der Heiligen Zwillinge Afyra als Wurzel und Quelle alles Bösen darstellten. Mit dem Ende des Interregnums setzte auch die Verfolgung der Kinder Afyras ein, die zwar nie die Intensität der Ausrottung der Locetiner erreichte, aber viele Opfer aus ihren Reihen forderte. So verschwanden die Kinder Afyras wieder im Schmutz der Elendsquartiere und in abgelegene Gegenden. Schon nach zwei Jahrzehnten waren sie in weiten Kreisen der Bevölkerung bis zur Öffnung des Risses vergessen.

Mit dem Rißkrieg und den fürchterlichen Verwüstungen, den Katastrophen und dem großen Sterben in den Jahren nach der Versiegelung, dem Zerfall der Reste der imperialen Ordnung und dem blutigen Chaos in den Straßen Pelorns erhielten die Kinder wieder Zulauf, doch bis zum ersten Auftreten der Prophetin erschienen sie kaum an der Öffentlichkeit. Das änderte sich schlagartig mit der Machtergreifung der Prophetin. Jeder, der nicht auf der Stelle sterben wollte, nahm das dunkle Band, das Zeichen der Kinder Afyras, das am linken Arm getragen wurde. So gehörte im blutig-orgiastischen Sommer 51 n.V., dem Höhepunkt der Herrschaft der Prophetin, praktisch jeder pelorner Bürger zu den Kindern Afyras, abgesehen von den Besatzungen der Befestigungen, der reichen Häuser und jenen, die sich den Schergen der Prophetin in den Ruinenfeldern entzogen. Doch die Meisten der Bürger, die das Band genommen hatten, waren keine Gläubigen. Schon im Herbst des Jahres 51 n.V. zeigten sich die ersten Risse in den Reihen der durch Todesangst zur Massenbewegung gewordenen Kinder Afyras.

Mit dem einsetzenden Hunger, dem die Prophetin nichts entgegenzusetzen hatte, als den Terror ihrer Auserwählten , zerfiel die Bewegung schnell. Selbst die wahren Gläubigen empörten sich im Hungerwinter gegen den wahllosen Terror der Auserwählten. Zur Jahreswende mehrten sich die Gerüchte, daß die Abgesandte Afyras eine falsche Prophetin, eine Betrügerin sei. In den letzten Tagen des ersten Monats des Jahres 52 n.V. erhoben sich schließlich die empörten und entäuschten Kinder Afyras gegen die Terrorherrschaft der Prophetin und ihrer Auserwählten. Als sie schließlich den Palast an der Prena stürmen, in dem die Prophetin residierte, war sie spurlos verschwunden. Ein paar Tage lang dauerte die blutige Jagd der Kinder Afyras auf die Auserwählten der Prophetin, die gnadenlos niedergemacht wurden, wenn sie ihnen in die Hände fielen.

Doch der Hunger war stärker als der Haß und nach ein paar Tagen lösten sich die Reste der Kinder Afyras auf und verschwanden in den Außenbezirken und in den Ruinenfeldern. Seit diesen Tagen sind die Kinder Afyras für die Außenstehenden wieder kaum mehr als ein Gerücht. Doch draußen in den Elendsvierteln am Rand der Stadt und den Ruinenfeldern beten sie immer noch die Schattenherrin an, verfluchen die Herrschenden und warten in eisernen Zusammenhalt auf die Ankunft der wahren Prophetin.
Afyras Neuneck by Gregorian

Noch immer gibt es keine Organisation, keine Priesterschaft unter den Kindern Afyras, doch sind die Bindungen der einzelnen Gruppen enger geworden. Geheime Handzeichen werden als Erkennungsmerkmale verwendet und jedes Kind Afyras kann auf die Unterstützung durch andere Kinder zählen.

Es gibt keine festgelegten Rituale, bis auf einige Gebete und Flüche, deren Wortlaut sich allgemein durchgesetzt hat.

Afyra wird als Schutzpatronin und als göttliche Behüterin verehrt und angebetet.

Als Zeichen Afyras gilt das unten durchbrochene Neuneck, das oft einfach in den Staub gemalt wird, um einen Altar zu ersetzen.

Der durchbrochene Kreis ist als Zeichen der falschen Prophetin verhaßt.

Heute wie damals enstammt die große Mehrheit der Kinder Afyras den armen und ärmsten Schichten der Bevölkerung, doch es gibt Ausnahmen.


Neun Stiche, neun Schnitte,
Schmerz und Pein,
Blut und eine Seele.
Afyra, Schattenherrin,
deine Tocher ruft nach dir!

Koste von diesem Blut
das fließt für dich.
Im Fleisch dein Zeichen
mit Blut geweiht
Afyra, Schattenherrin,
deine Tochter steht vor dir!

Dein ist diese Seele
in Nacht und Qual,
schlag sie mit Pein
in alle Ewigkeit!
Afyra, Schattenherrin,
deine Tochter opfert dir!"

Ritual und Fluch


Cover image: Afyras Kinder by Gregorian

Kommentare

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Jun 27, 2025 03:11

Oh, das gefällt mir, Freund. Gut gemacht.

May you find the truth as it billows through the branches...
Jun 27, 2025 12:16 by Pelorn Verwaltung

Vielen Dank!