1. Eintrag
Es ist soweit. Ich wusste, dass dieser Tag irgendwann kommen würde ich ich habe ihn gleichermaßen gefürchtet wie herbeigesehnt.
Wie soll man sich auch fühlen, wenn man das Bekannte hinter sich lässt und ins Unbekannte aufbricht? Nicht dass ich wirklich eine Wahl hätte. Die hatte ich nie. Nur dass das "Wann" nicht feststand. Bis vor wenigen Tagen. Als ob ein Wink des Schicksals mit mitteilen möchte: "Brich endlich auf!"
Also breche ich auf. Ich lasse meinen Tempel, mein Zuhause und meinen Mentor zurück und begebe mich auf eine Suche, die alles - oder vielleicht auch nichts - ändern wird.
Dieses Reisetagebuch soll mich fortan begleiten. Wer weiß schon, ob ich noch einmal meine Erinnerungen verliere? Aber für den Fall der Fälle:
Mein Name ist Selene. Ich weiß nicht, wie alt ich bin oder woher ich komme. Ich habe die letzten zehn Jahre im Tempel von Sharess in Kassadan gelebt und gedient. Ich erhielt dort eine Ausbildung und darf mich nun Paladin nennen. Der Glaube hat mir durch eine finstere Zeit geholfen, in der ich fast daran verzweifelte, nicht zu wissen, wer ich bin. Der Glaube lehrte mich, den Moment zu leben und für das Dankbar zu sein, was ich habe. Auch wenn viele den Glauben und die Diener von Sharess oft missinterpretieren, so halte ich daran fest und trage das Licht, dass mich durch dunkle Zeiten führte nun selbst hinaus in die Welt.
Gemeinsam mit Runa - einem jungen quirligen Mädchen, das trotz der eigenen erlebten Tragödie nie die Hoffnung zu verlieren scheint - und einer Priesterin meines Ordens verließen wir die Hauptstadt von Varkarus und reisten nach Werfting, wo wir schließlich ein Schiff betreteten, welches uns nach Dremoris bringen würde. Ich weiß nicht, was die Priesterin dorthin verschlägt. Doch bin ich einer Reisebegleitung nicht abgeneigt. Vielleicht erfahre ich ja während unserer gemeinsamen Reise etwas mehr über sie. Runa folgt mir auf Tritt und Schritt und mittlerweile will ich sie auch gar nicht mehr missen. Auch wenn sie manchmal etwas frech ist, so ist ihr fröhliches Gemüt für mich wie eine kleine Sonne, die stets Licht spendet.
Ich weiß nicht, was ich mir genau von dieser Reise erhoffen soll. Natürlich will ich meinen Orden und meine Göttin nicht enttäuschen. Als Paladin habe ich einen Eid zu erfüllen. Doch darüber hinaus ... will ich nach Antworten suchen. Herausfinden wer ich bin. Und warum ich meine Erinnerungen verlor. Und wer dafür verantwortlich ist.
Oh und vielleicht kann ich diese hässliche Sache mit Kyle hinter mir lassen. Dieser Narr hatte so ein irres Funkeln in den Augen als wir uns das letzte Mal sahen ... als er dem Tempel verwiesen wurde ...
Ja, nach vorn zu blicken ist definitiv die beste Option für mich im Moment. So beängstigend sie auch ist.