Blaufächer-Muschel-Siedlung
"Diese Siedlung ist irgendwie verrückt. Aber natürlich ergibt sie unter finanziellem Gesichtspunkt definitiv Sinn. Und in den allermeisten Fällen können sie ja das Material des letzten Jahres nutzen."
Die Blaufächer-Muschel-Siedlung ist eine temporäre Taucher-Siedlung im Küstenmeer vor Ostfang, die jeden Frühsommer, wenn die Blaufächer-Muscheln ihre charakteristische Färbung erhalten, aufgebaut wird, um in den drei kurzen Wochen, in denen die intensivblaue Färbung der Muschel anhält, so viele wie möglich von ihnen zu ernten, ehe sich das Zeitfenster schließt, nur um dann wieder abgebaut und bis zum nächsten Jahr im Hafen von Ostfang vertaut zu werden, sofern die Boote nicht zum Fischfang genutzt werden.
Zweck der Siedlung
Der Zweck der temporären Siedlung ist es, das Zeitfenster der Einfärbung der Blaufächer-Muscheln in ihr strahlendes tiefblau so gut wie möglich auszunutzen. Daher schlafen und essen die Taucher auf dem Meer, um keine Zeit durch die Hin- und Rückfahrt zu verschwenden, die zusammen gut und gerne einen Zehntel des Tages ausmacht.
Architektur und Aufbau der Siedlung
Die Siedlung besteht vornehmlich aus kleinen und recht einfachen Fischerbooten, die beim Aufbau miteinander vertaut werden. Alsdann bringen größere Fischerboote Bretter und Balken, die mit Tauen zu einer größeren flexiblen, aber auch stabilen Plattform zusammen gebaut werden. Auf dieser werden dann mehrere kleine Holzhütten als Schutz vor Wind und Wetter errichtet sowie ein Rakemzee gewidmeter Schrein, an dem ein Priester der Rakemzee vor Beginn der Saison jedes Mal um ihren Beistand und guten Fang bittet und der auch sonst häufig genutzt wird - insbesondere bei stürmischer See.
Da der Aufbau doch mit einigem Aufwand einhergeht, erfolgt er immer bereits vor der Färbung der sonst eher sandbraunen Muscheln. Von dort springen dann täglich drei der Apnoe-Taucher ins Meer, um die Muscheleinfärbung zu beobachten. Sobald diese fast vollendet ist, gibt einer der Taucher den übrigen Bescheid, worauf auch die restlichen Taucher zur Siedlung fahren. Wenn die Saison dann um ist, wird die Siedlung in Gemeinschaftsarbeit wieder abgebaut und zurück in Ostfangs Hafen bzw. im Falle der Bretter und Balken in die Lagerhäuser verfrachtet. Bis zur nächsten Saison.
Leben in der Siedlung
In der Siedlungszeit sieht das Leben in der Siedlung so aus, dass jeder Taucher so oft wie möglich runter taucht, um Muscheln zu ernten. Die notwendigen Erholungspausen und natürlich auch die Schlafzeiten bringt er in der Siedlung zu, wo die Muscheln in Eimern nach der Qualität ihrer Schalen vorsortiert werden. Diese Eimer werden von Fischern abgeholt, die im Gegenzug frische Nahrung und Wasser zur Siedlung bringen. In den meisten Fällen bleiben die Taucher den ganzen Tag auf dem Meer und ziehen sich nur zum Schlafen in die kleinen Hütten zurück. Eine Ausnahme gilt nur bei sehr schlechtem Wetter, wo die Taucher samt Muscheleimern Schutz in den Hütten suchen, während mindestens ein Taucher am Schrein für eine Beruhigung der See bittet.
Als letzter Gemeinschaftsakt der temporären Siedlung zählt immer die Verteilung der Gewinne, wo bis auf die drei erfolgreichsten Taucher alle denselben Anteil erhalten sowie das gemeinsame Abschlussfest im Hafen zur Feier der überstandenen Saison. Darauf gehen die Taucher neben etwaiger Vereinigungen mit ihren Familien wieder ihren üblichen Geschäften nach, sei es Fischfang, Hafenarbeiten oder auch dem Tauchen nach anderen küstennahen Meeresfrüchten.
Geschichte
Die Tradition der Errichtung der Blaufächer-Muschel-Siedlung kam wenige Jahre nach dem ersten Fund einer entsprechenden Muschel und der dann erfolgenden normalen Erforschung und Betauchung der Muscheln auf. Tatsächlich war die intensivdunkelblaue Muschel als Schmuck und als Rohstoff für Färbemittel so beliebt, dass die Taucher überlegten, wie sie das Maximum an Muscheln ernten konnten. Zunächst waren noch viele Boote zur Stelle vor Ostfang gefahren, von denen aus die Taucher Muscheln ernteten und gesonderte Boote die Muscheln zur Küste brachten, aber das Gedränge um die einträglichen Stellen wurde schnell groß und das Schwimmen zu den besten Stellen, um erst dann zu tauchen, kostete Zeit und Kraft. So kamen die Taucher auf die Idee, eine temporäre Siedlung zu errichten und nachdem die Stadt - die die Muscheln selbstredend auch besteuerte - ihr Einverständnis erklärte, wurde ab dem nächsten Jahr so verfahren.
Inzwischen handelt es sich bei der Siedlung um eine jahrhundertealte Tradition, welche die Stadt entsprechend ehrt und die auch immer wieder Schaulustige anzieht, die auf Fischerbooten zur Blaufächer-Muschel-Siedlung fahren und sich das geschäftige Treiben aus der Nähe ansehen. Entsprechend großzügig ist die Stadt, wenn die Göttin der Meere es mal nicht war und leistet - wie auch die Gemeinschaft der Taucher - Hilfen bei verunglückten Tauchern oder auch zerstörtem Inventar.
Demografie
Die Siedlung besteht nur aus den Apnoe-Muscheltaucherinnen und -Tauchern, was meistens zwischen 35 und 50 sind. Das durchschnittliche Alter ist recht hoch, weil es zwar viele junge Taucher gibt, aber insbesondere Taucherinnen dem Muschelfang aus Traditionsgründen bis ins hohe Alter um die 60 Jahre erhalten bleiben, sofern sie solange leben, was bei erstaunlich vielen dieser Taucherinnen aber auch der Fall ist. In den meisten Jahren handelt es sich vornehmlich um Menschen, aber seit einigen Jahren taucht auch eine Rakemzee-Mischlingsfrau der zweiten Generation mit.
Regierung
Alle Taucher der Siedlung sind Ostfanger und auch das Meer gehört zum Territorium der freien Stadt Ostfang, so dass sich die Taucher den Anordnungen Ostfangs beugen.
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