Civil action
Xune, Cinnay und Paddy verabschieden sich jeweils auf ihre eigene Weise von der Gruppe, um eigenen Wegen nachzugehen – Paddy erhält in der Bognerei sogar einen besonderen Pfeil geschenkt. Fernand, besessen von dem Wunsch, Sui und seine Rüstung zu finden, bittet Jack, ihn zum Magierturm zu begleiten. Dort treffen sie auf die geheimnisvolle Leysaara, die mithilfe einer Kristallkugel Suis Rüstung beim Lazarett ortet. Fernand drängt sofort zum Aufbruch, während Jack kurz ins Grübeln gerät, nachdem er auf ein mysteriöses Mädchen trifft, das ihm seltsam vertraut vorkommt.
Xune verabschiedete sich wortlos, nur ein Nicken in Richtung der Gruppe, bevor sie mit kräftigen Schritten und ausdruckslosem Gesicht in Richtung ihres kleinen Bauernhofs verschwand. Cinnay, die sich kaum verabschiedete, machte sich auf den Weg zum Zirkel der Erneuerung. Ihre Bewegungen waren leicht, fast tänzerisch – als wäre sie nie gefangen gewesen. Nur wer genau hinsah, konnte die Erschöpfung in ihren Augen erkennen. Auch Paddy verabschiedete sich – pragmatisch, wie immer – denn sie hatte noch etwas vor: Die Bognerei wartete. Dort ließ sie ihren Bogen überprüfen, einem Mann. Nachdem er ihr Werkzeug inspiziert hatte, nickte er nur, murmelte etwas von „guter Zustand“ und schob ihr dann, ohne ein weiteres Wort, einen fein gearbeiteten Pfeil in die Hand – silbern eingefasst. Ein Geschenk, das sie sich nie hätte leisten können.
Zur gleichen Zeit standen Fernand und Jack noch immer am Hafen, Fernand getrieben von einem Gedanken: Sui. Fernand, noch immer aufgebracht wegen seiner verlorenen Rüstung, blickte Jack mit fiebrigen Augen an. „Begleitest du mich zum Magierturm? Ich muss sie finden.“ Jack nickte, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Als sie den imposanten Magierturm betraten, überkam Jack erneut das staunende Gefühl, das ihn immer packte, wenn er dieses Gebäude betrat. Von außen wirkte der Turm schlicht – aber drinnen war es, als würde man eine andere Welt betreten: schwebende Kugeln aus Licht, sehr leise flüsternde Stimmen in unbekannten Sprachen, die aus den Wänden zu kommen schienen. Jack lenkte Fernand zur Wendeltreppe – oder das, was dort als Treppe galt. Die erste Stufe begann sich zu bewegen, als Jack sie betrat, und glitt surrend in die Höhe. Fernand, dem das alles zu fremd war, klammerte sich instinktiv an Jacks Rücken – dabei riss er ihm versehentlich ein Stück Stoff aus dem Gewand. Jack verdrehte die Augen. Oben angekommen, führte Jack ihn durch einen langen, von sanftem Licht durchfluteten Korridor. Am Ende zeigten magische Namensschilder auf schimmernden Platten an, welche Zimmer bewohnt waren – zwei davon leuchteten nun, die zuvor dunkel gewesen waren. „Das irritiert mich“, murmelte Jack. Fernand ignorierte den Kommentar. Er hatte nur ein Ziel. Er stapfte zur Tür, auf der in groben, aber verspielten Lettern „Sui“ stand, und hämmerte wie ein Berserker gegen das Holz. Keine Antwort. Auch auf Jacks Rufe regte sich nichts. Als Fernand erneut ihren Namen brüllte, öffnete sich eine andere Tür – die von Jackson Flutwinds Arbeitszimmer. Der Magier trat heraus. Hinter ihm stand eine dunkelhäutige Frau, nur spärlich bekleidet. Sie trat selbstbewusst vor, legte Jackson eine Hand auf die Schulter und fragte neugierig: „Was ist hier los?“ Fernand stotterte etwas von einer Rüstung. Jack wollte sich verziehen, wurde aber von Fernand zurückgehalten. Mit einem leichten Lächeln schnippte die Frau – Leysaara Niaro – und ihre Kleidung veränderte sich augenblicklich zu einer eleganten Robe. Jack stellte sie Fernand kurz vor und erklärte Fernands Lage. Jackson bestätigte dann, dass Sui tatsächlich mit einer neuen Rüstung zurückgekehrt sei. „Es scheint, das Schicksal hat sich deiner Rüstung angenommen“, sagte er nachdenklich. „Und das Leben lehrt uns, auf unsere Dinge zu achten.“ Fernand knirschte hörbar mit den Zähnen. Leysaara trat nun vor, holte eine schimmernde Kristallkugel hervor und forderte Fernand auf, die Rüstung zu beschreiben. Nachdem er dies getan hatte, schloss sie kurz die Augen und erklärte: „Ich spüre sie – nahe dem Lazarett.“ Fernand nickte ungeduldig und wollte schon los, doch Jack deutete auf sein Zimmer und öffnete die Tür. Drinnen war es eng, schlicht – mit schiefen Bücherstapeln, Karten und Notizen. Fernand verzog das Gesicht. „Geschichte. Die Bücher darf ich mir ausleihen“, erklärte Jack, „aber keine magischen.“ Fernand zuckte mit den Schultern. „Kommst du mit zum Lazarett?“ Jack seufzte leise – und begleitete ihn, zu mindestens nach unten. Unten angekommen entdeckten sie ein junges Mädchen am Fenster. Sie hatte dieselben ruhigen Augen wie Jackson und dieselben feinen Gesichtszüge wie Leysaara. Jack blieb einen Moment stehen, verwirrt, fasziniert. Fernand bemerkte es, trat einen Schritt vor und rief: „Das ist Jack – er wohnt auch hier!“ Dann verschwand er durch die Eingangstür. Jack starrte ihm hinterher. Dann sah er wieder zu dem Mädchen – und rannte plötzlich, ohne ein weiteres Wort, die Treppe zu seinem Zimmer hinauf, als wolle er vor einem Gedanken davonlaufen, den er selbst noch nicht verstand.