Küstholt
Region des Skarnbunds – Jortavall – Eikenholt
Der Windwald an der Meereslinie
Der Küstenwald
Küstholt ist der äußerste Rand von Eikenholt – dort, wo die alten Eichen das Meer berühren. Der Wind fegt unablässig durch ihre knorrigen Kronen und lässt sie in einem endlosen, rauschenden Gespräch stehen. Die Luft ist schwer von Salz, feuchtem Holz und dem metallischen Geruch des nahen Meeres. Zwischen den Bäumen mischt sich das Knarren der Äste mit dem Donnern der Brandung, während feine Nebelfetzen durch das Unterholz ziehen.
Der Boden ist weich und uneben, überzogen mit Moos, Schilf und den dicken Wurzeln jahrhundertealter Bäume. Das Licht ist beständig in Bewegung – manchmal gleißend hell, wenn sich der Nebel lichtet, dann wieder fahl und grau, wenn die Wolken vom Meer heranziehen. Küstholt ist ein Ort, an dem die Natur nicht stillsteht, sondern unaufhörlich atmet. Alles hier bewegt sich: der Wind, das Wasser, die Blätter, selbst das Licht.
Geographie und Landschaftscharakter
Küstholt zieht sich entlang der zerklüfteten Küstenlinie, die Jortavalls südwestliche Grenze bildet. An manchen Stellen reichen die Eichen direkt bis an die Klippen, ihre Wurzeln krallen sich tief in salzige Erde und bröckelnden Stein. Zwischen den Hügeln sammeln sich Feuchtstellen, in denen Moosteppiche wachsen und kleine Salzwasserpfützen schimmern.
Weiter landeinwärts wird das Gelände sanfter, der Boden dichter, das Grün kräftiger. Hier stehen höhere Bäume mit ausladenden Kronen, deren Äste wie Arme über die schmalen Pfade greifen. Immer wieder öffnen sich Lichtungen, von denen aus man den Blick über die schäumenden Wellen werfen kann. Die Küste selbst ist ein Wechselspiel aus Felsen, Buchten und windgeformten Sandflächen, wo das Meer jeden Tag ein Stück Land nimmt – und wieder zurückgibt.
Klima, Flora und Fauna
Das Klima in Küstholt ist rau, aber lebendig. Der Wind wechselt seine Richtung täglich, Regen zieht schnell auf und vergeht ebenso rasch. Frühling bringt milde Feuchtigkeit und erste Blüten in den windgeschützten Senken. Sommer ist hell und trocken, durchzogen von kräftigen Böen, die den Geruch von Salz und Harz über das Land tragen. Der Herbst taucht den Wald in goldene Farben, bevor der erste Sturm das Laub ins Meer treibt. Im Winter liegt kalter Nebel über den Klippen, und die Brandung schlägt so laut, dass selbst tief im Wald das Meer zu hören ist.
Die Pflanzenwelt hat sich an diese beständige Bewegung angepasst. Die Eichen sind kleiner, gedrungener, ihre Blätter fest und ledrig. Zwischen ihren Wurzeln wachsen Salzkraut und Meeresschilf, die Feuchtigkeit aus der Luft speichern. Auf den Felsen klammern sich windfeste Kräuter fest, deren Duft scharf und klar ist. Seevögel nisten in den hohen Ästen, während kleine Küstenfalter durch den Wind gleiten, als gehörten sie dazu.
Kultur und Alltag
Die Bewohner von Küstholt leben zwischen Sturm und Stille. Ihre Dörfer liegen auf geschützten Anhöhen oder hinter kleinen Hügelzügen, von wo man das Meer sehen, aber den Wind brechen kann. Die Häuser sind niedrig gebaut, aus dunklem Eichenholz, mit dicken Wänden und schweren Türen, die dem Druck der Stürme standhalten. Dächer aus Schilf und getrocknetem Seegras isolieren gegen Feuchtigkeit und Wind.
Das Leben ist arbeitsreich, aber einfach. Die Menschen fällen nur jene Bäume, die der Wind selbst gebrochen hat, und sammeln Harz, das sich wie Bernstein an den Stämmen bildet. Sie fischen in den geschützten Buchten, trocknen Algen und stellen aus Meeressalz und Kräutern Heilmischungen her. In ihren Werkstätten riecht es nach Rauch, Öl und feuchtem Holz – eine Mischung, die so charakteristisch ist, dass man Küstholt schon am Geruch erkennt.
Feste werden am Feuer gefeiert, unter offenem Himmel. Man singt gegen den Wind, und wenn der Sturm die Stimmen trägt, sagen die Alten, das Meer antworte mit einem Lied aus Schaum.
Stimmung, Licht und Seele des Landes
Küstholt ist eine Landschaft der Bewegung. Nichts bleibt hier lange still – nicht der Nebel, nicht die Bäume, nicht der Himmel. Selbst die Stille hat Tiefe, gefüllt mit dem Summen des Windes und dem dumpfen Schlagen der Wellen gegen Stein.
Das Licht verändert sich minütlich: Morgens liegt es bleich auf dem Wasser, mittags glüht es gold zwischen den Ästen, und abends färbt der Sonnenuntergang die Küste in Bronze und Rot. Wenn die Nacht kommt, bleiben nur noch das Rauschen und das leise Pfeifen der Äste – ein beständiger, ruhiger Klang, wie der Atem des Waldes selbst.
Küstholt ist ein Ort, der wach bleibt. Selbst im tiefsten Schlaf hört man hier das Meer.
Natürliche Ressourcen und Besonderheiten
Küstholt liefert einige der widerstandsfähigsten Materialien Jortavalls. Das Holz seiner Eichen ist dicht, salzbeständig und wird für Schiffe, Brücken und Häuser verwendet. Meeresschilf dient als Dachmaterial und Wärmeschutz, während Salzkraut zu einem begehrten Heilmittel verarbeitet wird, das Entzündungen lindert und Wunden reinigt.
In den Senken sammeln sich nach Regen feine Salzkristalle, die mit Kräutern vermischt als Handelsware nach Nordhaven gelangen. Die Menschen von Küstholt leben vom Meer, aber sie kennen seine Grenzen – sie nehmen, was es gibt, und wissen, wann sie warten müssen.
Mythen und Geschichte
In den Geschichten der Küstenbewohner ist Küstholt ein Ort, an dem Land und Meer sich streiten – und lieben. Man erzählt von Nächten, in denen das Meer zu sprechen scheint, und von Stürmen, die Bäume singen lassen. Alte Holzfäller schwören, dass die Eichen an der Klippe flüstern, bevor sie brechen, und dass ihr Stöhnen der Warnruf des Waldes ist.
Küstholt war schon immer eine Grenzregion: zwischen Stille und Sturm, Erde und Salz, Leben und Verfall. Doch wer hier geboren wird, kennt keine Angst vor dem Wind – nur Respekt.

