Turas Deirenacht
An Turas Deirenacht ist ein traditioneller Brauch der vakmennischen Kulturgruppe der Frier. Er findet im späten Herbst statt und markiert die letzte mehrwöchige Ausfahrt der Fischerboote, um die Wintervorräte der Klans zu sichern. Das Ritual ist von hoher wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und religiöser Bedeutung und wird bis in die Gegenwart gepflegt.
Geschichte und Herkunft
Die Wurzeln des Turas Deirenacht reichen bis in die fürhe Zeit nach dem Kataklysmus von Athora zurück. In der rauen Küstenumgebung der Vakmen war der Fischfang stets überlebensnotwendig. Da die Wintermonate nur eingeschränkt Möglichkeiten zur Versorgung boten, entwickelte sich die Tradition, im Spätherbst eine letzte, gemeinschaftlich organisierte Fangfahrt zu unternehmen. Mit der Zeit verband sich diese Notwendigkeit mit mythischen Vorstellungen und religiösen Ritualen. Besonders der Donnergott Svarbor, der über Schicksal, Wetter und Heimkehr wacht, spielt in der vakmennischen Deutung eine zentrale Rolle.Mythischer Kontext
An Turas Deirt ist nicht nur ein praktischer Brauch zur Sicherung der Wintervorräte, sondern tief im Glauben der Vakmen verwurzelt. Im Zentrum stehen dabei drei Gottheiten des alten Glaubens, die in den Liedern und Erzählungen der Seefahrer eine besondere Rolle spielen. Uipin, der Gott der Flüsse, gilt als der Hüter des vergehenden und wiederkehrenden Wassers. In den Mythen bringt er den Frühling aus den Bergen herab, während er im Herbst die Kälte hinabführt. Fischer und Bauern ehren ihn gleichermaßen, indem sie kleine Opfergaben aus Salz oder Getreide ins Wasser streuen, bevor die Boote ablegen. Sein Symbol – ein Fluss, der sich vom Berg ins Meer ergießt – schmückt häufig die Segel und Tätowierungen junger Männer und Frauen, die erstmals an der Großen Fahrt teilnehmen. Seimine, seine Schwester, verkörpert das Meer selbst. Sie ist nicht nur Göttin der Flut, sondern auch die „Mutter des Todes“, die die Seelen der Ertrunkenen in ihre Arme schließt. In der Vorstellung der Vakmen ist sie keine feindliche Macht, sondern eine gütige Wächterin, die das Meer gefährlich, aber gerecht erscheinen lässt. Während des Festes werden Muscheln, Fische und kleine Sträuße aus Tang an den Bootsrändern befestigt, um ihr Wohlwollen zu sichern. Ihr Symbol, die rollende Welle, findet sich auf Glücksbringern, die in den Märkten am ersten Festtag verkauft werden. Svarbor, der Gott des Donners, des Wetters und des Schicksals, ist eine ambivalente Gestalt. In den Legenden erscheint er mal als gnadenloser Richter, der Stürme entfesselt, mal als gnädiger Retter, der Fischer sicher in den Hafen zurückführt. Manche Lieder nennen ihn den „einsamen Bruder“, der von den Geschwistern des Wassers verstoßen wurde; andere sehen ihn als unabhängige Kraft, die niemandem untergeordnet ist. Er ist allgegenwärtig, da Wetter und Schicksal stets das Leben bestimmen. Seefahrer fürchten ihn, rufen ihn aber zugleich um Schutz an, indem sie Speisen, Salz und in seltenen Fällen auch Blutopfer ins Meer gießen. Besonders das gleichzeitige Auslaufen der Boote am dritten Tag gilt als Huldigung an Svarbor: ein Bekenntnis, dass alle gleichermaßen seinem Willen unterliegen.Ablauf
Die Letzte Große Fahrt wird von einem dreitägigen Fest eingeleitet, das in den größeren Fischerhäfen der Vakmen stattfindet. Erster Tag: In den Siedlungen werden Märkte abgehalten, auf denen Glücksbringer, nautische Symbole und Opfergaben verkauft werden. Außerdem schließen Familien und Fischer symbolische „Versicherungen“ ab: Verwandte oder Nachbarn verpflichten sich, im Falle des Verlustes oder Ausbleibens eines Bootes für die Versorgung der Hinterbliebenen aufzukommen. Die Boote werden festlich mit Herbstblumen und Bändern geschmückt. Zweiter Tag: Gemeinschaftliche Feste mit Musik, Tanz und Mahlzeiten – meist bestehend aus Fisch, Kohl und Wurzelgemüse – prägen diesen Tag. Geschichten und Lieder über vergangene Fahrten werden vorgetragen, und die Gemeinschaft stimmt sich auf den Auslauf ein. Zudem werden bei jungen Erwachsenen häufig neue Tätowierungen gestochen, die nautische Symbole, Klanzeichen oder Wellenmuster zeigen. Sie gelten als Zeichen der Reife, der Zugehörigkeit und als Schutzsymbol für die bevorstehende Fahrt. Dritter Tag: Am Morgen legen alle Fischerboote gleichzeitig vom Hafen ab. Der gemeinsame Auslauf gilt als zentrales Ritual. Viele Familien nehmen am Kai Abschied, während Opfergaben für die Gottheiten ins Wasser geworfen werden, um Schutz und sichere Rückkehr zu erbitten.Bedeutung
Die Letzte Große Fahrt besitzt mehrere Ebenen der Bedeutung: Wirtschaftlich: Sie dient der Versorgung mit Fisch und damit dem Überleben während der Wintermonate. Sozial: Das Ritual stärkt den Zusammenhalt innerhalb der Klans und Siedlungen, da alle auf den Erfolg der Ausfahrt angewiesen sind. Religiös: Die Huldigung der Gottheiten, insbesondere Svarbors, soll Glück, günstiges Wetter und sichere Heimkehr sichern. Kulturell: Tätowierungen, Märkte und festliche Bräuche machen die Letzte Große Fahrt zu einem der wichtigsten identitätsstiftenden Rituale der Vakmen.Gegenwart
Bis heute besitzt die Letzte Große Fahrt unter den Vakmen eine zentrale Rolle im Jahreslauf. Zwar haben sich einzelne Fangmethoden modernisiert, doch das gemeinsame Ritual des dreitägigen Hafenfestes und des gleichzeitigen Auslaufens der Boote haben ihren Stellenwert bewahrt. In einigen Küstensiedlungen hat sich die Tradition zudem zu einem kulturellen Fest mit regionaler Bedeutung entwickelt, das auch Besucher aus benachbarten Regionen anzieht.Einzelnachweise
Gesänge der Herbstflut, Sammlung vakmennischer Seemannslieder (um 7. Jh. n. K.) Chronik der O’Rallay-Kapitäne, private Aufzeichnungen eines vakmennischen Klans (um 5. Jh. n. K.) Torvan, E. (1187): Die Götter des Wassers: Religiöse Symbolik der Vakmen. Universität Zarlis. Überlieferungen der Frier, anonyme Kompilation von Mythen und Ritualen (um 3. Jh. n. K.)
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