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Wed, May 29th 2024 07:48   Edited on Tue, Sep 3rd 2024 03:56

[15. Tag, Morgens] Mneme

Adama Corvu sucht die Gräfin noch vor der morgendlichen Besprechung in ihren Gemächern auf. Dies war ein Privileg, dass er sich durch seine langen Jahre des zuverlässigen und erfolgreichen Dienstes, durch seine Loyalität und Diskretion erworben hatte. Niemals würde ihm ein Wort darüber über die Lippen kommen, dass er der Gräfin Bericht erstattet hatte, während diese nur in einer kurzen Hose und einem unter den Brüsten zusammengeknoteten Leinenhemd kopfüber an einer Sprossenwand hing und ihre Bauchmuskeln stählte.   "Also Adama" stößt die Gräfin hervor, biegt ihren Oberkörper zu den Beinen hinauf und lässt sich dann langsam wieder hinabsinken. "Was sagen die Berichte vom Empfang des Salzbarons?"   "Weitgehend das übliche," erklärt der Chef des Okula mit traurigem Schildkrötenblick. "Zwei Dinge möchte ich aber hervorheben." Er sieht zu, wie seine Herrin sich wieder in dieser unmöglichen Stellung verdreht und fährt fort. "Ein gewisser Theomer Haruland ist mit einer erschlichenen Einladung auf dem Empfang aufgetaucht und hat einigermaßen Aufsehen erregt."   "Inwiefern?" Die Gräfin zieht sich wieder hoch, hält sich an einer Sprosse fest, dreht sich um, so dass sie jetzt mit dem Rücken zur Wand hängt, und hebt die Beine lang ausgestreckt immer wieder langsam an.   "Er ist Bierbrauer auf Imeria-Gebiet, letzter Spross einer früher reichen und wichtigen Familie und er scheint alles daran zu setzen, wieder beides zu werden. Einer unserer Beobachter beschreibt ihn als einnehmend, ehrgeizig und gewaltbereit. Er hat mit praktisch jedem wichtigen Mann auf dem Empfang gesprochen und mehr als ein Geschäft eingefädelt. Der Schinder hat ihn wegen seiner Einladung verhört und Haruland kam interessanterweise ohne Blessuren davon."   "Glaubst du, er hat sich kaufen lassen?"   Corvu zuckt die Achseln. "Wer weiß? Der Schinder hat offensichtlich seine Methoden. Jedenfalls würde ich diesen Haruland gern näher beobachten lassen. Dafür, dass er so viel Wind macht, wissen wir zu wenig über den Mann."   "Einverstanden." Die Gräfin nickt knapp und springt zu Boden. Sie nimmt einen Becher Wasser von einem Beistelltischchen und leert es in einem Zug, dann wirft sie sich ein paar Trauben in den Mund. "Was war die zweite Sache, die du mir berichten wolltest?"   "Aurean Laetus war ebenfalls auf dem Empfang, nachdem er sich eine ganze Weile rar gemacht hatte. Und er hatte eine junge Dame bei sich, die er als seine Muse bezeichnete."   Die Gräfin runzelt missbilligend die Stirn. Dass sie den schwülstigen Maler nicht sonderlich leiden kann, ist Corvu bekannt. Aber er weiß auch, dass seine Herrin die Kunst des Meisters durchaus zu schätzen weiß, wenn ihr das Sujet zusagt.   Sie seufzt und zuckt mit den Achseln. "Na schön, ich schicke einen Boten zu ihm. Ich brauche immer noch ein Bild für das Schlafzimmer."   Da er die Besprechung als beendet betrachtet, steht Adama Corvu auf und verbeugt sich knapp. "Ich begebe mich dann zu den anderen, Herrin."   Die Gräfin nickt knapp und geht in ihr angrenzendes Bade- und Ankleidezimmer, um sich für die Besprechung mit ihren Ratgebern zurecht zu machen.
Schon um die Mittagszeit taucht der bunt gekleidete Koloss wieder auf der Prena auf, den man unlängst das Skriptorium hat aufsuchen sehen. Diesmal führen seine irritierend federnden Schritte ihn jedoch nicht in diese Institution der Gelehrsamkeit, sondern zu einem kleinen Palais, wo man ihn zwar schon kennt, aber länger nicht gesehen hat. Er wird von zwei grimmigen Leibwächtern flankiert, die jedoch diskret einige Schritte Abstand halten, als er die wenigen Stufen zur Tür hinaufsteigt und schwungvoll den Klopfer betätigt.
Thu, May 30th 2024 02:32

[Egor] Nach einigen Augenblicken öffnet ein bulliger, stiernackiger Mann in guter Kleidung die Türe. Er kennt den Riesen in seiner lächerlich bunten Kleidung und entsinnt sich, wie gewöhnlich bei seinem Gedächtnis, auch seines Namens. „Meister Enno, die Zwillinge mit euch. Was verschafft uns die Ehre eures Besuches?“: erkundigt er sich höflich.  
"Die Zwillinge mit euch, mein guter Egor", erwidert Enno die Begrüßung. "Ob wohl Meister Laetus kurz Zeit für mich hat? Die Gräfin hat ein Anliegen, dass ihn interessieren dürfte, wenn seine Zeit es zulässt."
Sun, Jun 2nd 2024 02:20   Edited on Sun, Jun 2nd 2024 02:27

„Tretet ein, Meister Enno, doch eure Bewaffneten müßen hier warten. Der Meister duldet keine Bewaffneten anderer Häuser in seinem Heim.“ Er führt den Riesen in das Wartezimmer, bittet ihn kurz zu warten und kehrt wenig später wieder zurück. „Der Meister läßt bitten.“: sagt er und für Enno in den Salon, der gediegen möbeliert ist und in dem gegenüber des großen Tisches mit seinen Lederstühlen Holzscheite in einem ausladenden Kamin glosen und angenehme Wärme verbreiten. Über dem Kamin hängt in schwerem Rahmen das Bild einer Frau auf allen Vieren, die ihre blanke Kehrseite und ihre rasierte Weiblichkeit in ihrer ganzen Pracht dem Betrachter entgegen streckt. Rotes gelocktes Haar umrahmt das Gesicht, daß über die rechte Schulter zurück blickt auf den Betrachter. Aber es ist nicht so sehr der nackte Hintern der den Betrachter staunen läßt. Es ist die Art und Weise, wie die Frau dargestellt ist. Die Farben scheinen von Innen heraus zu leuchten und obwohl oder vielleicht wegen der nicht völlig realistisch Ausführung, scheint die Frau lebendig zu sein. Auris sitzt in seiner Arbeitskleidung beim Frühstück, daß aus kleinen Fleischpastetchen und einer Flasche Wein besteht. „Die Zwillinge mit euch!“: grüßt Auris und deutet mit einer ausladenden Geste auf einen der freien Stühle. „Setzt euch und trinkt etwas. Früh am Morgen zu dürsten verdirbt einem mit erschreckender Hartnäckigkeit den ganzen Tag . Egor, einen Becher für unseren Gast!“: ruft er und gönnt sich einen größeren Schluck. „Was treibt euch zu dieser frühen Stunde über den Fluß in mein bescheidenes Heim?“: erkundigt sich Auris mit einem Schmunzeln.      
Wed, Jun 5th 2024 10:17

Ennos bewaffnete Begleiter bleiben an der Tür zurück und er folgt Egor ins Innere des Palais und in den Salon. Enno war schon länger nicht mehr hier, aber es hat sich nicht viel seit seinem letzten Botengang verändert. Das unzweideutige Bild über dem Kamin irritiert ihn immer wieder aufs Neue, aber auch wenn er - so wie seine Herrin - der Darstellung in ihrer pornografischen Explizitheit nichts abgewinnen kann, muss er die Meisterschaft des Malers dennoch anerkennen.   Der Aufforderung seines Gastgebers folgend, setzt er sich auf einen für beinahe zu schmalen Stuhl, lehnt den Wein jedoch ab. "Nein danke, Meister Aurean. So früh am Tag bekommt mir kein Wein." Der Stuhl ächzt bedenklich, als er sich zurücklehnt und lächelt fortfährt.   "Es ist in der Tat schon eine Weile her, dass die Gräfin Coveani eure Arbeit bewundert hat. Sie hat in letzter Zeit selbst einige Zeit dem Studium gewidmet und ist dabei auf eine historische Szene gestoßen, die eurem Genius möglicherweise interessant erscheint. Ich nehme an, ihr seid in der Geschichte des späten Reiches bewandert und kennt das tragische Ende von Adelmo Coveani, der mit zwölf Jahren Kaiser wurde und nach wenigen Wochen von seiner angetrauten Kaiserin im gemeinsamen Bett erwürgt wurde? Diese Szene wurde schon oft verewigt: Der tote Adelmo, hingestreckt auf dem Purpur des Bettes und die mal mehr, mal weniger bekleidete Kaiserin in je nach Interpretation des Malers verzweifelter oder blutgieriger Verfassung. Meiner Herrin schwebt jedoch eine andere Darstellung dieses Themenkomplexes vor: nämlich die Trauung der beiden durch den Hohepriester der Zwillinge. Ich stelle mir vor, dass die Darstellung der Gemütsregungen in den Gesichtern der werdenden Eheleute für euch durchaus reizvoll sein kann, zumal es dabei natürlich auch einiger Interpretation bedarf? Ihr könnt dabei durchaus eurer Imagination freien Lauf lassen, aber zur Inspiration kann unser Erster Schreiber euch gerne die maßgeblichen Informationen über dieses Ereignis zusammenstellen und leihweise überlassen, soweit wir noch über sie verfügen. Also Augenzeugenberichte des Geschehnisses selbst, Beschreibungen der Tempelanlage, Ausschnitte des Hofprotokolls und ähnliches, damit ihr ein Gefühl für die Situation bekommt. Als einzige Bedingung wäre daran die Breite des Gemäldes geknüpft, die 2,50 betragen sollte."
Wed, Jun 5th 2024 12:31

Eine Tür ist zu hören, wie sie sich öffnet, und bald darauf wieder schließt. Dann können die beiden am Tisch sitzenden Männer das leise Klatschen zweier nackter Füße hören, die den Flur entlang kommen. Wenig später erscheint auch schon die Ursache dieses leisen Geräusches. Es ist eine junge Dame, fast noch ein Mädchen. Das lange, dunkle Haar ist ungekämmt, die großen dunklen Augen in dem ebenmäßigen Gesicht sehen noch etwas verschlafen aus. Sie ist großgewachsen, es mögen wohl um die 1,75 sein, und trägt nichts außer einem weißen Unterkleid, gerade durchsichtig genug, dass die Konturen ihres schlanken Körpers durch den Stoff durchscheinen, der von den Sonnenstrahlen der Morgensonne durchdrungen wird. Sie tappt also in den Salon, gähnt noch einmal herzhaft und kratzt sich in den Haaren. Sie schaut zu Auris, mit einem herzlichen, süßen und äußerst gewinnenden Lächeln auf den Lippen, und hält urplötzlich inne. Sie schaut zu Enno und wird rot im Gesicht. Ein kurzer Blick geht nach unten zu dem wohl bequemen aber wenig vornehmen Kleid, dann schaut sie wieder auf.   “Verzeiht, ich wusste nicht, dass Ihr Besuch habt,” sagt sie kleinlaut, während der rechte Fuß sich auf ihrem linken reibt.  
Fri, Jun 7th 2024 04:18   Edited on Fri, Jun 7th 2024 09:59

Der Gesichtsausdruck des Malers grenzt nahezu an Entsetzen. „Wein bekommt euch nicht?“: erkundigt er sich mitleidig. „Ich betrauere euch von ganzem Herzen, mein Lieber, die Götter haben euch schwer geschlagen, wenn euch der Wein nicht bekommt.“ Luas Eintreten unterbricht Auris und er erwidert ihr Lächeln mit Zuneigung. „Kein Problem, Lua! Setz dich nur, die Pastetchen sind noch warm.“ Er schenkt Lua einen Becher ein und stellt ihn an ihren Platz zu seiner Rechten. Schließlich wendet er sich wieder Enno zu. „Die Geschichte des Reiches ist mir in der Tat nicht fremd.“: entgegnet er auf Ennos Vermutung und hört ihn dann bis zu Ende an. Interessiert hebt er eine Augenbraue, als Enna ihm historisches Material anbietet. Dann feuchtet er sich nochmals gründlich die Kehle an.   „Zuallererst, Meister Enno, bitte übermittelt der Gräfin meinen tief empfundenen Dank für die Ehre für diesen Auftrag würdig befunden zu werden. Mit dem allergrößten Vergnügen würde ich schnellst möglichst mit dem Studium eurer Unterlagen beginnen und mich ans Werk machen, doch zu meinem Bedauern muß ich euch mitteilen, daß ich für die nächste Zeit mit Aufträgen überhäuft bin und ein offizieller Auftrag seiner Hoheit ansteht, den ich unmöglich nach reihen kann. Ein Gemälde dieses Ausmaßes bedarf der gründlichsten Vorbereitung, dutzender Skizzen und exakter Planung der Komposition, von der Beschaffung erstklassiger Pigmente einmal abgesehen. Ich bedauere außerordentlich, aber in der nächsten Zeit bin ich außerstande, diesen höchst reizvollen und interessanten Auftrag annehmen zu können, Meister Enno.“: erklärt Auris mit schwungvollen Gesten.  
[Enno] Der Eunuch lächelt milde. "Macht euch darüber keine Gedanken, Meister Laetus. Die Gräfin hat es nicht eilig, ihr Gemälde zu bekommen und es ist selbstverständlich, dass ihr einen Auftrag des Barons nicht einfach abbrechen könnt. Führt eure Arbeit in Ruhe zu Ende und meldet euch einfach beim Ersten Schreiber der Gräfin, Maurizio Verla, der euch zum gegebenen Zeitpunkt alle nötigen Unterlagen zur Verfügung stellen wird.   Als die junge Frau das Zimmer betritt, starrt Enno sie für einen kurzen Moment an wie eine Erscheinung. Kurz steht ihm die totale Verblüffung ins Gesicht geschrieben, bevor er sich wieder in der Gewalt hat. Sein Blick gleitet aufmerksam über Lua, deren spärliche Kleidung mehr enthüllt, als eigentlich schicklich wäre, aber Ennos kurze Begutachtung hat nichts voyeuristisches, sondern wirkt, als würde er sich irgend eines Umstands vergewissern wollen.   Dann steht der massige Mann mit der ihm eigenen überraschenden Eleganz auf und verbeugt sich knapp. "Ihr hättet mir sagen sollen, dass ihr einen Gast habt", meint er schmunzelnd zum Hausherrn, bevor er sich wieder Lua zuwendet. "Mein Name ist Enno und wenn ich gewusst hätte, dass ihr hier seid, hätte ich auch eurer Anwesenheit bestanden!"
Tue, Jun 11th 2024 09:37   Edited on Tue, Jun 11th 2024 09:38

Lua schaut Enno an, und auf ihr Gesicht legt sich ein offenes, erfreutes, ehrliches Lächeln. Sie macht einen kleinen Knicks, ganz so, wie Rikka ihn ihr beigebracht hat. Und auf dem Empfang hat sie so viele Knickse gemacht, dass sie sie inzwischen wirklich sehr gut beherrscht.   “Mein Name ist Lua,” antwortet sie etwas schüchtern. “Ich freue mich sehr, Euch kennenzulernen. Ich glaube aber nicht, so wichtig zu sein, dass meine Anwesenheit so nötig wäre."   Kurz und etwas unsicher linst sie hinüber zu Auris, dann schaut sie dem mächtigen Hünen wieder in die Augen.   Lua wirkt wohl noch etwas verschlafen, die Haare unordentlich, aber auch so ist es unverkennbar, dass sie ein außerordentlich schönes Geschöpf ist. Ihre Gesichtszüge sind von einer Feinheit, wie sie der beste Maler nicht besser hätte ersinnen können, die Proportionen nahezu perfekt. Aber es ist nicht nur die äußerliche Schönheit, die bei näherer Betrachtung ins Auge sticht. Es ist diese Ausstrahlung, diese Reinheit in ihrem Blick, es sind diese wachen Augen, die ganz und gar außerstande scheinen, ihre Strahlkraft zu verlieren, die die wahre Faszination der Lua Aetaya ausmachen. Wobei ihr jedoch diese leicht herablassende, kühle, gekünstelte Eleganz, die den schönen Damen in Pelorns besseren Häusern so oft zu eigen ist, komplett unbekannt scheint. Und so ist es wahrlich kein Wunder, dass sie am Vorabend auf dem Empfang einiges Aufsehen erweckt, in all ihrer Natürlichkeit, ihrer Einfachheit, die ihre Schönheit erst so richtig auffällig machen.
Wed, Jun 12th 2024 07:06

„Ihr seid hier der Gast, Meister Enno. Die werte Lua geruht in meinem Heim zu wohnen und was das Bestehen betrifft, es bleibt euch natürlich unbenommen.Doch ich erlaube mir euch darauf hinzuweisen, daß in meinem Haus ein Gast mit einem Ersuchen auf größeres Willkommen stößt, als einer der zu fordern beliebt.“: entgegnet Auris im Plauderton durch den hin und wieder eine gewisse Schärfe dringt. Schmunzelnd wendet er sich an Lua. „Der Anlaß ist zwar in der Tat nicht von großer Wichtigkeit, meine Liebe, dafür deine Anwesenheit umso mehr. Meister Enno ist hier wegen eines Auftrags der Gräfin.“: sagt Auris vergnügt und in seinem Blick, den er Lua zuwirft, glitzert der Schalk.   „Doch zurück zum Anlaß eures Besuches, Meister Enno. Wenn für die geschätzte Gräfin längere Verzögerungen keine Rolle spielen, sehe ich mich unter gewissen Umständen durchaus in der Lage, euren Auftrag anzunehmen. Ihr werdet sicher verstehen, daß ein Gemälde in der Größenordnung gewisser Vorbereitungen bedarf, die Kosten verursachen. Ich hoffe ihr werdet mir daher meine Frage nach den Vorstellungen der Gräfin im Bezug auf meine Honorar nicht übel nehmen.“ Mit einem listigen Schmunzeln greift Auris nach seinem Becher und hebt ihn Richtung Ennos bevor einen kräftigen Schluck daraus macht.  
Thu, Jun 13th 2024 09:01

Lua hat sich gerade doch auf den Weg zu ihrem Platz gemacht, wo ja schon ein Becher Wein auf sie wartet. Außerdem werden die lauwarmen Fleischpastetchen natürlich auch nicht lauwärmer mit der Zeit. Da stellt Auris ihr den Gast vollends vor. Sie bleibt stehen, reißt die Augen auf, die Kinnlade fällt ihr runter.   “Von der Gräfin?” fragt sie ganz entgeistert. “Der Porz… ich meine, Gräfin Alessandrina Coveani? Der Herrscherin des Coveani-Viertels? Die kauft auch Eure Bilder?”   Sie schaut noch einmal zu Enno und macht erneut einen Knicks, der dieses Mal um einiges tiefer und ehrerbietender ausgeführt ist als vorhin. Dann erst schleicht sie zu ihrem Platz und setzt sich langsam und vorsichtig auf ihren Stuhl. Sie schaut schüchtern zu Enno, nimmt sich dann aber doch eines der Pastetchen.
Enno setzt sich hin und lächelt amüsiert über die Neckereien des Malers. Er kennt ihn schon lange, hatte oft mit ihm zu tun – früher öfter als heute – und weiß, dass er seine kleinen Spiele liebt.   „Natürlich, ein Gemälde dieses Umfangs benötigt andere Vorbereitungen, wir werden uns über einen angemessenen Preis sicher einigen. Was die Pigmente angeht, könnt ihr auch gerne direkt auf die Dienste unseres Entenjägers zurückgreifen, er ist ein Mann mit viel Erfahrung und wenn euch bestimmte Nuancen besonders am Herzen liegen, hat er das rechte Auge dazu, sie in einer noch so weit entfernten Feder zu erspähen.“   Er wendet sich wieder Lua zu und entgegnet lächelnd. „Die Gräfin kauft durchaus auch die Bilder des Meisters,“ bestätigt er. „Ich nehme an, ihr steht ihm neuerdings Modell?“
Fri, Jun 14th 2024 08:50

Lua hat gerade herzhaft von ihrer Pastete abgebissen und ist gerade genüsslich am Kauen, da stellt Enno ihr eine Frage. Lua wird rot im Gesicht, kann sie nun doch unmöglich antworten, ohne den halben Tisch voller Pastetenkrümel vollzuspucken. Sie kaut so schnell sie kann, und sobald der Bissen irgendwie zu schlucken geht, schluckt sie ihn auch hinunter. Sie muss gleich noch einmal schlucken, denn fast wäre die Pastete in ihrem schlanken Hals stecken geblieben, dann jedoch ist derselbe so weit frei, dass sie doch dem Boten der Gräfin seine verdiente Antwort geben kann.   “Wenigstens hat Meister Auris mich dafür angestellt,” erklärt sie also. “Das heißt, eigentlich hat er mich nur mitgenommen, um meine Titten zu malen, inzwischen hat er aber verträumte Luas, majestätische Luas, kluge Luas gemalt, aber eigentlich nie eine solche Lua wie diese Julia da drüben auf dem Bild. Obwohl ich mich ja ziemlich sicher war, dass er mit mir wohl auch solche Bilder machen wollte. Aber vielmehr habe ich inzwischen den Eindruck, Meister Auris will mich einfach nur glücklich machen. Ich lebe hier wie die Made im Speck, trinke herrlichen Wein, esse diese verdammt guten Pasteten, kriege Kleider, darf auf den Empfang des Barons gehen. Ich glaube fast, Meister Auris will aus mir eine wichtige Person machen.”   Lua beginnt bei den letzten Worten leicht zu lachen und legt ihre Hand auf Auris’ Unterarm.
Enno hörte Luas Ausführungen zu und nickte dann bestätigend. "Es stimmt: Ihr habt es gut getroffen. Der Meister hat ein Herz für jene, die es in unserer Stadt schwer haben, was bedauerlich viele sind. Ihr müsst euer Glück genießen und die Möglichkeiten, die sich euch dadurch bieten."   Er scheint einen Moment zu überlegen, dann fährt er fort: "In diesem Sinne möchte ich eine Einladung aussprechen, denn auch die Gräfin weiß ihre Möglichkeiten zu nutzen und ich bin überzeugt, sie möchte euch kennenlernen! Ich weiß, dass das sehr unerwartet und plötzlich kommt, aber meine Gründe müssen euch nicht beunruhigen."   Er wendet sich Aurean zu und fügt schmunzelnd an: "Ich versichere euch, dass ihr eure Muse wohlbehalten wiederbekommen würdet."
Sat, Jun 15th 2024 05:44

Mit der Erwähnung des Entenjägers hat Enno nun tatsächlich Auris‘ Aufmerksamkeit. „Ausgezeichnet! Aber es bedarf auch mineralischer Pigmente, die ich nur aus Saguz über die Salzkarawane beziehen kann und diese Halsabschneider von Händlern verlangen Vorauszahlung, wohl wissen, daß sonst niemand die gewünschten Raritäten liefen kann.“: entgegnet Auris. Ich selbst sehe mich außerstande, diese Bestellung zu bezahlen.“ Er macht eine weitläufige Geste. „Die laufenden Kosten fressen einen bei lebendigem Leibe auf.“: sagt er mit einem gekonnten Seufzen.   Als Lua Auris die Hand auf den Arm legt, wendet er sich ihr zu und das listige Grinsen macht einem warmen Lächeln Platz. „Du bist eine wichtige Person, meine Liebe. Das Schwierige an der Sache ist allein es dir auch verständlich zu machen.“ Er zwinkert ihr zu. „Und was deine Bilder betrifft, so sind wir erst am Anfang. Mein Kopf ist angefüllt mit Bildern von dir, Lua, ich muß sie nur noch auf die Leinwand übertragen.“ Als Enno von einer Einladung spricht und das Lua wohlbehalten wieder kommen würde, verschwindet das Lächeln aus seinen Gesichtszügen und machen einer kühlen Härte Platz, die ihn für einen langen Augenblick dem Salzbaron ähnlich sehen läßt.   „Das würde ich eurer Gräfin auch geraten haben, alles Andere käme ihr teuer zu stehen, sofern Lua die Einladung überhaupt annehmen sollte. Wir werden es euch wissen lassen. Sobald es meine Zeit zuläßt, lasse ich euch eine Nachricht zukommen und erwarte einen Boten mit den historischen Unterlagen und einer Vorauszahlung von fünfzig Lamen. Sobald ich beides erhalten habe, werde ich mich an die Arbeit machen. Wenn du nichts mehr hast, liebe Lua, dann wird Egor Meister Enno jetzt hinausgeleiten. Meine Empfehlungen an die Gräfin!“: sagt Auris kühl und sieht fragend zu Lua.  
Sun, Jun 16th 2024 08:33

Auris bringt Lua wieder einmal zum Erstaunen. Eine Gräfin Coveani, das hat sich sogar bis in die Niederungen der Thornhoff’schen Gesellschaft durchgesprochen, ist schließlich eine sehr wichtige, einflussreiche Person, die, wenn sie sich auch etwas schwerer tut, Unglück über Thornhoff-Bürger zu bringen, so doch mit großer Leichtigkeit großes Glück bringen kann. Man sagt, dass bei ihr der Geldbeutel viel lockerer sitzt als beim Salzbaron und sie ihren Reichtum auch mal nach Lust und Laune einsetzt. Eine Einladung der Gräfin auszuschlagen ist also für Lua schon ein recht bemerkenswerter Vorgang. Aber nicht nur darüber muss Lua staunen, letztendlich sind es auch die für sie aberwitzigen Summen, über die hier gesprochen wird. 50 Lamen! Lua besitzt nun mehr als 50 Filis, und sie fühlt sich schon reich damit. Aber 50 Lamen! Es gibt nicht viele Leute in der Stadt, die so viel Geld überhaupt besitzen, geschweige denn, das einfach als Anzahlung zahlen oder nehmen. Und so schaut Lua nur noch still und mit großen Augen zwischen den beiden Männern hin und her und isst möglichst unauffällig ihre Pastete.
Enno hört sich die Mahnungen des Malers ungerührt an und lächelt dann milde. Die Gefühle - väterliche oder andere? - die der Alte seiner jungen Muse entgegenbringt, sind offenkundig und mildern seine aufflackernde Empörung etwas. "Ach, Meister Laetus... wir sind so lange gut miteinander ausgekommen und ihr habt mit dem Haus Coveani mehr als einmal ein gutes Geschäft gemacht. Wollt ihr euch euer Leben wirklich jetzt noch unnötig komplizieren, indem ihr halt- und kraftlose Drohungen gegen ein Großes Haus ausstoßt?" Er erhebt sich aus seinem Stuhl und macht eine kleine Verbeugung in Richtung seines Gastgebers und Luas. "Aber ihr habt Recht, ich werde andernorts noch gebraucht und werde euch nun verlassen. Wir erwarten euren Boten und die fünfzig Lamen Anzahlung sind durchaus im Bereich des Erwarteten." Er wendet sich nun an Lua und fährt fort. "Wir werden morgen Abend eine Eskorte schicken, die euch zur Gräfin begleitet, falls ihr die Einladung annehmen möchtet. Wenn nicht..." er zuckt mit den Schultern und lächelt "... werden sie wieder gehen." Mit einer letzten Handbewegung verabschiedet der bunte Koloss sich und macht sich auf, seiner Herrin Bericht zu erstatten.
Tue, Jun 18th 2024 08:20

„Inhalts- und kraftlose Drohungen? Dieser fette Eunuch paßt zu der Scherbenprinzessin wie ein Kothaufen im Abtritt des heruntergekommensten Puffs in den Außenbezirken. Bei Afyras Titten, ich werde diesen penetranten Schlickpantschern das Weiße aus den Augen nehmen!“: giftet Auris hinter Enno her. Nach einem kräftigen Schluck wendet er sich an Lua. „Ich will dir keine Vorschriften machen, meine Liebe! Es steht dir frei diese Einladung annehmen, wenn du möchtest. Aber ich möchte zumindest, das dir bewußt wird, worauf du dich einläßt. Dieser völlig geschmacklos aufgeputzte Eunuch fungiert unter anderem als Zutreiber für das Scherbenflittchen. Diese nymphomane Narzisstin teilte mit ihrem Bruder das Bett und erwürgte den Hauptmann ihrer Garde während des Liebsspieles. Sie nützt ihren Reichtum und ihre Stellung ,um sich reihenweise Liebhaberinnen und Liebhaber ins Bett zu holen, um sie dann wegzuwerfen wie zerbrochenes Geschirr. Du erinnerst dich was ich dir gestern über T’Sai gesagt habe? T’Sai ist etwas Einmaliges, ein Naturereignis, aber diese Coveanigräfin hat dir nichts zu bieten, daß du dir nicht in jedem billigen Bordell holen kannst. Zudem begibst du dich völlig in ihre Hände, wenn du diese Einladung annimmst. Sie ist in ihrem Winkelchen der Stadt Herrin über Leben und Tod. Niemand kann dir helfen, wenn du einmal in ihrem Turm bist, ich nicht und auch Karthes nicht und ich wette mit dir, daß schon in einer Stunde der fette Eunuch dich und deine Vorzüge in glühenden Farben schildern wird, um seiner Herrin den Mund auf dich wässerig zu machen. Bedenke das bitte, bevor du dich entscheidest.“: sagt Auris eindringlich.  
Wed, Jun 19th 2024 11:08

Ziemlich erschrocken schaut Lua Auris an. Es dauert eine ganze Weile bis er von seiner Muse eine Antwort erhält.   “Aber, Meister Auris,” antwortet sie, “aus welchem irgend vorstellbaren Grund sollte mir die Gräfin denn etwas antun wollen? Ich meine, sie kennt mich nicht, es ist ganz und gar unmöglich, dass ich ihr in der Vergangenheit irgendwelchen Schaden zugefügt habe, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich sie nicht in einer Art und Weise beleidigen werde, dass sie mir gleich den Hals umdreht.”   Sie schaut Auris an, wartet aber nicht auf eine Antwort, sondern fährt fort: “Ich würde schon gerne hingehen. Zum einen ist es doch unhöflich, die Einladung einer Gräfin auszuschlagen, und das würde doch sicher keinen guten Einfluss auf Eure Geschäfte mit ihr haben. Und zweitens habe ich mir gedacht, vielleicht, wenn ich zu ihr gehe und ihr gefalle und sie mich nicht findet, vielleicht kauft sie Euch ja nicht nur dieses Kaiserzeitbild ab, sondern auch noch ein Bild von mir, oder zwei. Bitte, Meister Auris, ich möchte so gerne auch einmal etwas für Euch tun können. Lasst mich doch hingehen. Der Herr von vorhin hat doch ganz ausdrücklich gesagt, dass er mich sicher wieder zurückbringen wird.”
Wed, Jun 19th 2024 05:23

„Aus welchem Grund fragst du, meine Liebe? Ganz einfach, weil es ihr Spaß macht und weil sie es kann! Aber es ist deine Entscheidung, Lua! Es ist wirklich lieb von dir, daß du dich um den Verkauf meiner Bilder sorgst. Ich weiß das sehr zu schätzen. Doch den Zwillingen sie dank, ich bin nicht auf die Schlammfinger von da drüben angewiesen. Es ist in der Tat so, daß ich mehr Aufträge annehmen könnte, als ich je in der Lage wäre zu erfüllen. Doch du bist keine Gefangene hier und kannst gehen, wohin es dir beliebt. Aber versprich mir wenigstens, daß du vorsichtig sein wirst. Glaube dieser läufigen Gräfin kein Wort und dem aufgeblasenen, entmannten Fettsack ebenso.“ In dem Augenblick kommt Egor in den Salon, dicht gefolgt von Reland. „Der Kommandant für euch, Meister.“: sagt er und zieht sich zurück. Reland ist einer der Wenigen, für den die Türe des kleinen Palais immer offen steht.  
Als Reland den Salon betritt und Lua sieht, deutet er eine Verbeugung an. „Die Zwillinge mit euch, werte Lua.“: sagt er höflich bevor er sich an Auris wendet. „Und mit dir Aurean. Ich bin draußen dem Leibdiener der Scherbenprinzessin begegnet. Hat sie schon von der werten Lua gehört, daß er dir auf den Leib rückt?: erkundigt sich der Kommandant mit einem süffisanten Lächeln. Dann fährt er fort: „Ich hoffe ich komme dir nicht ungelegen. Ich habe ein paar Fragen an dich, Aurean und habe gehofft, daß wir uns kurz unter vier Augen unterhalten können.“ Dann wendet er sich an Lua. „Verzeiht meine Unhöflichkeit, werte Lua, aber der Grund meines Kommens berührt vielleicht die Sicherheit des Hauses.“  
Wed, Jun 19th 2024 10:25

Erstaunt, fast schon erschrocken, schaut Lua Auris an. Er hat ja schon von T’Sai wenig respektvoll geredet, aber so abfällig hat er sich in diesem Fall nicht geäußert. Nun weiß Lua, dass die Obersten der Häuser keinen großen Respekt voreinander haben, und es könnte freilich sein, dass es eben damit zusammenhängt, dass Auris ein ziemlich hohes Tier im Machtgefüge des Hauses Thornhoff ist. Auf der anderen Seite muss sich Lua freilich eingestehen, dass sie sich über die Gräfin noch selten große Gedanken gemacht hat. Sie ist im Gebiet Thornhoff geboren, dort aufgewachsen und hat es - bis natürlich auf ihren Aufenthalt bei Imeria - selten verlassen. Und im Coveani-Gebiet, dass sie da einmal gewesen ist, kann sie sich eigentlich nicht erinnern. Sie überlegt gerade, ob es denn eine gute Idee wäre, das Gespräch überhaupt noch weiterzuführen, ob sie Auris mehr verärgern oder sich selbst einen Gefallen machen würde. Da wird auch schon der Kommandant angekündigt. Die leicht nachdenkliche Miene, die freilich inzwischen ihr Gesicht eingenommen hat, verschwindet wieder vor der Überraschung, und als Reland eintritt, schaut sie ihn auch mit ausgesprochen großen Augen an. Auf die Begrüßung hin kann sie gar nicht anders, als ihn strahlend anzulächeln. Doch bevor sie irgendetwas sagen kann, bittet er sie auch schon, den Raum zu verlassen. Etwas wehmütig fällt ihr Blick auf die halbe lauwarme Fleischpastete, das halbvolle Glas Wein, doch dann erhebt sie sich.   “Aber natürlich, Herr Kommandant,” antwortet sie mit einem bravourös vorgetragenen Rikka-Knicks, “und Ihr braucht Euch doch nicht entschuldigen. Ich denke mal, die Sicherheit des Hauses dürfte wohl wichtiger sein als manches andere.”   Dann macht sie sich auch schon wieder auf den Weg zu ihrem Zimmer. Wieder scheint die Sonne durch das leichte Kleidchen, bevor sie in dem Flur außer Sichtweite gerät.
Reland setzt sich zu Auris und wartet bis Lua außer Hörweite ist. „Entschuldige, daß ich dich so ohne Ankündigung überfalle, aber ich bin etwas in Eile. Ich möchte nicht, daß meine übereifrige Zugsführerin ihre Nase in diese Angelegenheit steckt und vielleicht Staub aufwirbelt. Es geht um deine Muse, Aurean. Sigrun sind die Brandmale an Luas Hand aufgefallen und sie spekuliert im Eifer sich zu beweisen darauf, daß deine Lua eine Spionin sein könnte. Ich habe sie zwar zurückgepfiffen, aber sie hat mich heute Morgen wieder darauf angesprochen. Obwohl es unwahrscheinlich ist, ganz aus der Luft gegriffen, ist die Vermutung nun auch wieder nicht. Was weißt du über sie und vor allem weiß sie, wer du bist?“: erkundigt sich Reland ruhig.  
Thu, Jun 20th 2024 01:40

„Keine Ursache! Du weißt, meine Türe steht dir jederzeit offen, Reland.“: entgegnet Auris und schenkt sich nach. Reland bietet er keinen Wein an, denn er weiß, daß der Kommandant im Dienst nicht trinkt. „Lua eine Spionin? Das halte ich für sehr weit hergeholt. Sie ist viel zu naiv und unschuldig für dieses dunkle Gewerbe. Sie nimmt mit Sicherheit an, daß ich einem vornehmen Haus angehöre, aber welchem, daß weiß sie nach meinem Dafürhalten nicht. Du weißt ja, wo ich ihr das erste Mal begegnet bin. Jemand hätte schon in die Zukunft schauen müßen, um dieses Treffen voraussehen zu können. Wie schon gesagt, ich halte diese vage Theorie für an den Haaren herbei gezogenen Unsinn. Sie hat mir erzählt, daß sie von den Tätowierten versklavt wurde und ihnen entkommen konnte.“  
„Unterschätze unsere Gegenspieler nicht, Aurean. Weder die Klaue noch dieser Corvu werden deine Abstammung vergessen haben und wer deine Gewohnheiten kennt...“ Reland vollendet den Satz nicht. „Ist dir aufgefallen, daß sie Gespräche unter euch auf gewisse Themen lenken will, die etwas mit unserem Haus zu tun haben oder daß sie Fragen stellt, die sich auf Organisation, Wirtschaft oder Zukunftspläne des Hauses beziehen? Hat sie dich gebeten, dich auf den Empfang begleiten zu dürfen oder war das deine Idee?“: erkundigt sich Reland, um gleich darauf eine weitere Frage anzuschließen. „Hast du etwas dagegen, wenn ich ihr in deiner Gegenwart ein paar Fragen stelle?“  
Thu, Jun 20th 2024 01:43

Auris schüttelt den Kopf. „Nicht ein einziges Mal hat sie Fragen in die von dir angedeutete Richtung gestellt und das mit dem Empfang war meine Idee. Es hat mir einiges an Überredungskunst abgefordert sie dazu zu bringen mich zu begleiten.“ Obwohl Auris bei dem Gedanken, daß Reland Lua in die Zange nehmen könnte, ziemliche Bedenken hat, bleibt ihm gar nichts anderes über, als zuzustimmen. Eine Weigerung hätte alles nur verschlimmert. So nickt er scheinbar gelassen. „Natürlich kannst du mit ihr reden. Ich lasse sie gleich holen.“: antwortet er und ruft nach Egor, dem er aufträgt Lua in den Salon zu bitten. So klopft es wenig später an Luas Tür und Egor steckt nach dem Herein seinen Kopf zu Türe herein. „Lua, der Meister bittet dich in den Salon zu kommen.“  
Thu, Jun 20th 2024 07:52

Das “Herein!” kommt auch ziemlich schnell. Eigentlich zu schnell, denn Lua steht nackt vor dem Waschtisch, hat sich inzwischen wohl das Gesicht gewaschen und ist gerade dabei, ihre Haare zu kämmen. Hinter ihr, auf dem Bett, liegt das rote Kleid, hergerichtet, um es anzuziehen. Nun ist die nackte Lua keineswegs irgendetwas, von dem irgendjemand in dem Haushalt noch Notiz nehmen würde, steht sie doch die meiste Zeit so herum, wie die Zwillinge sie einst schufen. Lua schaut also Egor durch den Spiegel mit einem entspannten, freundlichen Lächeln an, das jedoch urplötzlich verschwindet, als Egor den Grund seines Erscheinens nennt.   “Was? Jetzt schon?” fragt Lua erschrocken. Blitzschnell legt sie die Bürste auf den Waschtisch. Halb gekämmt ist wohl schon mal besser als gar nicht gekämmt. Dann schaut sie zurück zu dem roten Kleid. Es dauert, so ein Kleid anzuziehen, mit den ganzen Knöpfen. Einen kleinen Augenblick lang scheint Lua zu überlegen, dann nimmt sie doch wieder das weiße Unterkleidchen, und sie ist auch schon auf dem Weg zur Tür, während sie es sich überstreift.   Wenig später erscheint sie auch wieder im Salon. Sie bleibt am Kopfende der Tafel stehen.   “Meister,” sagt sie, “Ihr habt mich rufen lassen!”
Thu, Jun 20th 2024 01:43

„Ja, habe ich, meine Liebe.“: sagt Auris mit einem Lächeln. „Komm, setz dich zu uns. Der Kommandant hat ein paar Fragen an dich. Sicherlich interessiert ihn, wie du es als Sklavin geschafft hast, den Tätowierten zu entkommen. Aber ich will nicht vorgreifen. Dazwischen kannst du natürlich dein unterbrochenes Frühstück fortsetzen.“ Auris hofft inständig, daß Lua in ihrer Naivität den Wink versteht, denn langsam wird ihm Bange um Lua. Obwohl Reland und er alte Freunde sind, weiß er nur zu gut, daß der Kommandant keine Rücksicht kennt, wenn er die Sicherheit des Salzbarons oder des Hauses gefährdet sieht.  
Thu, Jun 20th 2024 02:42

Auch Lua lächelt ihr so hübsches, süßes, sympathisches Lächeln, ein Lächeln, das jedoch plötzlich verschwindet, in dem Moment, als Auris davon redet, dass sie als Sklavin davongerannt sei. Im letzten Moment kann sie sich noch zurückhalten, den Meister zu verbessern, im letzten Moment geht ihr noch ein Licht auf, dass er dem Kommandanten doch diese Geschichte aufgetischt haben könnte, um ihre Identität als vermeintliche Hermetikerin zu verbergen. Sie schaut Auris zunächst mit großen Augen an, für einen kurzen Moment wird sie rot im Gesicht, dann geht sie zu ihrem Stuhl und setzt sich langsam und vorsichtig darauf. Wieder schaut sie zu Auris, dann zu Reland.   “Es war eigentlich ganz einfach,” sagt sie. “Ich habe die offene Tür gesehen und bin einfach losgerannt. Dann habe ich eine Leiche im Rinnsal neben der Straße gesehen, habe mich schnell daneben geworfen, und da habe ich dann gewartet. Kein Mensch hat Notiz von mir genommen, bis zur Dämmerung. Dann bin ich aufgebrochen, um zur Brücke zu kommen, mitten in den Leuten, die ebenfalls darüber gehen wollten. Ich bin noch gut bei den Schlangen vorbeigekommen, bin über die Brücke, doch dann haben mich die Thornhoff-Wachen aufgehalten. Sie wollten mich zurückschicken, aber ich konnte doch nicht zurück, da hätte mich mein Gebieter wieder gekriegt, und ich mag mir gar nicht ausmalen, wo er mir dann sein verdammtes Brandeisen noch überall hingedrückt hätte. Aber da ist Leif Thorbenson gekommen, und er hat meinen Brückenzoll bezahlt und hat mich zu sich nach Hause genommen. Und am Tag danach habe ich mich am Arsenal zur Arbeit angeboten, und da ist Meister Auris gekommen. Und seitdem bin ich hier.”   Sie schaut Reland nervös an, dann schaut sie kurz zu Auris, bevor der Blick wieder zu Reland zurück geht.
Thu, Jun 20th 2024 11:36   Edited on Thu, Jun 20th 2024 11:38

Schmunzelnd hört sich Reland die Gesichte Luas an, dann wendet er sich an Auris. „Alter Freund dein Talent für Verschleierung und falsche Fährten legen, reicht bei weitem nicht an dein Talent als Maler heran.“ Dann dreht er sich zu Lua: „Und ihr, werte Lua, seid dermaßen schlecht im Lügen, daß ihr es besser ganz bleiben lassen solltet.“ Das Lächeln des Kommandanten erreicht seine Augen nicht. Der kalte Blick der grauen Augen scheint Lua durchbohren zu wollen. „Versuchen wir es nochmals, aber ich möchte euch darauf hinweisen, daß ich euch bei der kleinsten Lüge verhafte und zur weiteren Befragung in die Residenz mitnehme. Ich garantiere euch, daß ihr diese Prozedur weit unangenehmer findet werdet, als unser jetziges Gespräch. Also bleibt bitte bei der Wahrheit. Wie seid ihr in das Imeria Gebiet gekommen? Was ist dort wirklich geschehen? Wie seid ihr in unser Gebiet gekommen? Ihr könnt ruhig ausführlich werden, ich habe Zeit.“ Als sich Auris in das Gespräch mischen will, hebt er kurz die Rechte Hand. „Jetzt nicht Aurean. Ich bin viel zu neugierig was die werte Lua zu sagen hat.“  
Fri, Jun 21st 2024 09:58

Erschrocken schaut Lua den Kommandanten an. Dann schaut sie mit hilfesuchendem Blick zu Auris, einen kleinen Moment lang, bevor sie in sich zusammensackt. Eine ganze Weile lang sitzt sie nun da wie ein Häuflein Elend, den Blick unter den Tisch gerichtet, und als sie ihn wieder aufrichtet und zu Auris schaut, sind die Tränen in ihren Augen unübersehbar.   “Seht Ihr, Meister,” sagt sie dann mit tränenerstickter Stimme, “das ist es, was ich meinte. Ihr sagtet, jeder könne selbst über sein Leben entscheiden. Aber wenn Ihr mal ganz unten seid, und Ihr meint, ein kleines Stückchen Glück zu finden, dann kommen immer wieder die von oben, die alles machen, um Euch Euer kleines Glück wieder zu entreißen. Es ist nun einmal so, das Glück ist nicht gleich verteilt, und ich bin nicht auf jener Seite, die großes Anrecht darauf hat.”   Sie schaut dann zu Reland, wischt sich mit einer Hand die Tränen aus den Augen.   “Ich will Euch die Wahrheit sagen,” fährt sie fort. “Aber unter einer Bedingung: Macht mit mir, was Ihr wollt, aber Meister Auris, der ist einfach durch und durch ein guter Mensch. Bitte, wenn er Euch vorher eine kleine Lüge auftischen wollte, vergesst sie, lasst ihn keinerlei Konsequenz verspüren.”
Diesmal kommt das Lächeln des Kommandanten eher von Herzen. „Werte Lua, ich kenne und schätze Aurean von Kindesbeinen an. Warum sollte ich einen alten Freund bestrafen wollen, weil er sich schützend vor jemanden stellt, den er so offensichtlich liebt?“ Die Frage ist wohl rethorischer Natur, denn Reland wartet nicht auf eine Antwort. „Natürlich ist Glück nicht gleich verteilt, daß liegt in der Natur des Glückes. Aber ihr tut im Moment genau das was ihr in Zweifel zieht, über euer Leben zu entscheiden. Also bitte, fahrt fort.“ : sagt Reland ruhig und sein Blick ist nicht mehr so bohrend wie zuvor.  
Fri, Jun 21st 2024 11:16

Lua holt tief Luft, schaut noch einmal zu Auris, dann beginnt sie zu sprechen.   “Ich habe mit meinen Geschwistern im Norden gewohnt. Jeden Tag bin ich zum Arsenal gegangen, um dort Arbeit zu finden, manchmal gute Arbeit, manchmal Fische putzen, manchmal auch keine Arbeit. Aber ich habe immer versucht, ehrlich zu meinen Filis zu kommen. Ich schwöre Euch, ich habe nur gestohlen, wenn es wirklich nicht mehr anders ging. Jedenfalls war dann mal an der Mezena eine Bande unterwegs, und ich habe mich nicht getraut, am Morgen alleine über die Mezena zum Arsenal zu gehen. Ich musste sowieso baden, also bin ich dann über das Imeria-Gebiet gelaufen. Und irgendwann ist mir der Becher auf den Kopf gefallen. Und dann war da jemand, der den Becher wollte. Er hat mir den Kopf verarztet, den Becher genommen, und meinte, ich solle mich doch am Tag danach mit meinen Geschwistern in der Mehras melden, dort bräuchten sie immer Leute, die Arbeit suchen.”   Sie sieht nun noch einmal zu Auris, dann schließt sie die Augen. Sie öffnet sie wieder und fährt fort: “Ich habe da dann begonnen zu arbeiten, aber sie waren wohl nicht zufrieden mit mir. Jedenfalls haben sie mich rausgeworfen. Irgendwann bin ich in einem Rinnsal am Straßenrand aufegewacht, bin dann in die Richtung des Thornhoff-Gebietes gelaufen. Und der Rest war genau so, wie ich es Euch gesagt habe. Ich schwöre das.”   Dann sieht sie Reland einige Augenblicke lang aus ihren großen, dunklen Augen an, bevor sie wieder in sich zusammenhockt.
„Schade, werte Lua. Ich habe euch gesagt, daß ihr kein Talent zum Lügen habt“: sagt Reland und erhebt sich aus seinem Stuhl. „Ihr habt den falschen Weg gewählt. Wenn ihr das Brandzeichen der Mehras getragen habt und dort jemand mit euch unzufrieden gewesen wäre, dann wäret ihr Hundefutter gewesen. Wollt ihr freiwillig mitkommen, oder muß ich euch dazu zwingen?“: erkundigt sich Reland kalt.  
Fri, Jun 21st 2024 12:49

Man sieht Lua an, wie all ihre Träume, all ihre Hoffnungen mit diesen wenigen Worten des Kommandanten verschwimmen. Ihr sonst so strahlender Blick wird leer, bis er schließlich vom Antlitz des Soldaten auf die Tischkante, in ihren Schoß herniedersinkt. Einige Augenblicke sitzt sie still da, dann erhebt sie sich. Sie geht um den Tisch herum. Hinter Auris bleibt sie jedoch stehen. Sie legt ihm die Arme um seine Schultern, umarmt ihn von hinten.   “Ich danke Euch so sehr, Meister,” sagt sie mit tränenerstickter Stimme. “Fast habt Ihr mich glauben lassen, es gäbe auch für jemanden wie mich ein glückliches Ende. Ihr habt mir gezeigt, wie es ist, auf der glücklichen Seite zu stehen, wie es ist, etwas wert zu sein, wie es ist, wenn dich die Leute als Mensch sehen und nicht als irgendein dreckiges Etwas, das man nur mit Füßen tretet. Ich danke Euch so viel dafür.”   Sie hält Auris eine ganze Weile lang, dann erhebt sie sich wieder und bleibt hinter Relands Stuhl abermals stehen.   “Wir können gehen,” sagt sie dann fast stimmlos.
Fri, Jun 21st 2024 01:26

„Bei Afyras Titten, warte Reland!“: sagt Auris und springt auf. „Sie lügt, weil ich ihr gesagt habe, daß sie lügen soll! Sie ist keine Gefahr für das Haus, noch eine Spionin. Sie ist unrein für die Tätowierten, deshalb haben sie Lua in der Mehras nicht umgebracht! Alles Andere entspricht der Wahrheit. Bei den Schatten! Du weißt doch ganz genau was sie mit ihr machen, wenn sich das herumspricht! Ich bitte dich, laß sie hier bei mir, ich bürge mit meinem Kopf für sie!“: sagt Aurean erschüttert.  
Fri, Jun 21st 2024 02:31

Lua blick zu Auris in seinem Ausbruch, der ihr spätestens jetzt zeigt, dass ihm doch etwas an ihr liegt, dass sie für ihn doch mehr ist als ein Stück Fleisch, das man halt abmalen kann. Doch ist davon wenig in ihrer Mimik zu verspüren. Vielmehr weiten sich angsterfüllt ihre Augen, die Farbe aus dem sonst doch recht dunklen Teint entweicht vollkommen. Lua muss sich gegen die Wand lehnen, sonst wäre sie jetzt wohl umgefallen. Schweißperlen bilden sich auf ihrer Stirn, und sie schafft es nur mit Mühe, sich durch Atmen den nötigen Sauerstoff zu verschaffen.   Sie war sich bereits sicher gewesen, ihr Dasein als Muse beendet zu haben. Sie war sich im Klaren darüber gewesen, dass, wenn Reland sein Verhör abgeschlossen hätte, sie wenig appetitlich für etwaige Käufer eines hübsch anzusehenden Bildes gewesen wäre. Doch hatte sie immer noch die Hoffnung, die Folter irgendwie zu überstehen und wenigstens zu leben. Nun weiß Reland alles, und Lua ist sich ziemlich sicher, dass sie das Ende der meisten Hermetiker nehmen wird. Hätte sie bloß diesen verdammten Becher nie aufgehoben!
Für die Dauer einiger Herzschläge hält Reland seinen Blick nachdenklich auf Aurean gerichtet. Seiner Mine ist nichts zu entnehmen, dann nickt er. „Als gut! Ich hoffe du wirst es nicht bereuen, Aurean. Allerdings möchte ich euch beide in den nächsten Tagen bei mir sehen.“   Dann dreht sich Reland zu Lua. „Ich schätze Loyalität und ich hoffe, daß ihr euch der Konsequenzen seines Schritts für euch zu bürgen bewußt seid. Also richtet euch danach oder ihr werdet mich kennenlernen.“: sagt er und auch ohne die Stimme zu heben klingt sein letzter Satz wie eine handfeste Drohung.   Wieder an Aurean gerichtet fügt er noch dazu: „Sei so freundlich und schicke mir das Bild von Enessa mit Egor. Ich bin in Eile und muß zurück.“ Er streckt Aurean lächelnd die Hand hin.“ Wir sehen uns, mein Freund.“ Er schüttelt die Hand des Malers und deutet eine knappe Verbeugung Richtung Lua an und verläßt das kleine Palais.    
Fri, Jun 21st 2024 05:31

Lua scheint vollkommen von der Rolle, als sich Reland wieder an sie wendet. Als sie ihn ansieht und nur mit dem Kopf nickt, kann er sich nicht sicher sein, ob sie überhaupt verstanden hat, was er ihr eigentlich gesagt hat. Und als der Kommandant den Raum verlässt, steht Lua immer noch da, starrt vor sich ins Leere. Es dauert eine ganze Weile, dann brechen bei der jungen Frau alle Dämme. Laut schluchzt sie auf, stürmt auf Auris zu und setzt sich einfach auf seinen Schoß. Dass sie dabei sein Glas umwirft, der Wein sich auf die Fleischpastetchen ergießt und nebenbei noch das gesamte Tischtuch versaut scheint sie gar nicht zu bemerken. Sie gibt ihm einen langen, festen Schmatz mitten auf den Mund, dann vergräbt sie ihr Gesicht an seinem Hals und schluchzt weiter. Und Auris sitzt nun wohl da, mit der bebenden Lua auf sich, und spürt, wie ihre Tränen an seinem Hals hinunterrinnen.
Sat, Jun 22nd 2024 12:07   Edited on Sat, Jun 22nd 2024 12:07

Auris läßt sich einfach zurück auf seinen Sessel fallen. Im Moment als er nach der Weinflasche greifen will, stürzt Lua schluchzen zu ihm und flüchtet sich auf seinen Schoß. Der Kuß überrascht Auris völlig und es dauert ein wenig bis er sich wieder fängt. „Ganz ruhig, meine Liebe! Es geschieht dir nichts.“: sagt Auris mit immer noch gepresster Stimme und legt ihr einen Arm um die Schulter. Er hält sie und läßt sie weinen. Die Reaktion Relands hat ihn überrascht, aber Auris weiß, daß die Angelegenheit damit nicht abgeschlossen ist. Doch im Moment ist Lua in Sicherheit, das zählt.  
Sat, Jun 22nd 2024 09:17

Eine ganze Weile lang sitzt Lua noch rittlings auf Auris’ Schoß und weint. Eine ganze Weile lang scheint es schwer vorstellbar, dass sie sich überhaupt noch einmal beruhigen würde. Doch irgendwann geschieht es trotzdem. Das Beben wird weniger, das laute Schluchzen geht in ein Schniefen über. Irgendwann drückt Lua Auris noch einmal ganz fest, dann steht sie auf und geht zurück zu ihrem Stuhl. Sie schaut auf das Schlamassel, das sie auf dem Tisch angerichtet hat, stellt wortlos Auris’ Becher wieder auf und schenkt ihm ein. Sie schaut Auris an, sagt zunächst kein Wort. Es ist wenig Erleichterung in ihrem Blick zu verspüren. Sie schaut ziemlich verzweifelt, traurig. Ihr Blick geht irgendwann wieder nach unten auf die Tischkante, bevor er wieder hoch geht zu dem Maler.   “Meister Auris,” sagt sie dann mit tieftrauriger Stimme, “darf ich Euch um etwas bitten? Wenn mich der Schinder hingerichtet hat, könnt Ihr dann bitte eines meiner Bilder hier aufhängen? Ich war so glücklich hier, ich glaubte wirklich es geschafft zu haben. Irgendwie würde ich mir wünschen, ich könnte auch dann noch hier sein, wenn ich nicht mehr bin. Glaubt Ihr, das könnt Ihr für mich machen?”
Sat, Jun 22nd 2024 12:44

Langsam zweifelt Auris daran, daß sich Lua wieder beruhigen wird und er fragt sich was er tun könnte, um sie zu besänftigen, da wird ihr Schluchzen schwächer und hört schließlich ganz auf. Als sie dann aufsteht und seinen Becher füllt, bedankt sich Auris und ruft nach Skira, die kurz darauf erscheint. „Liebe Skira, wir hatten hier ein kleines Mißgeschick, kannst du bitte ein wenig aufräumen.“: sagt Auris zu ihr und richtet seinen Blick auf Lua als sie zu sprechen beginnt. Er hebt seinen Becher, um sich zu stärken, als ihn ein lautes Klirren wie von der Tarantel gebissen aus seinem Stuhl fahren läßt. Ein Gutteil des Weines in seinem Becher schwappt über und durchtränkt seine Arbeitskleidung. Skira, der die Platte mit den durchweichten Fleischpasteten vor Schreck aus der Hand gefallen ist, beginnt loszujammen. „Aber Meister! Ihr könnt doch nicht zulassen, daß sie Lua hinrichten! Das könnt ihr nicht!“   „Skira, du Unglücksweib, willst du das ich mir in meinem Alter die Hose voll scheiße? Bei Afyras Titten! Hier wird niemand hingerichtet! Hörst du? Niemand! Jetzt beruhig dich und beseitige diesen Saustall. Ich bitte dich!“ : wettert Auris, trinkt den traurigen Rest aus seinem Becher und setzt sich. „Ich hänge dir hier so viele Bilder von dir auf, wie du willst, Lua. Doch du brauchst keine Angst zu haben, meine Liebe, Reland läßt dich nicht hinrichten. Wollte er das wärst du schon im Loch oder auf der Reise ohne Wiederkehr.“ Er wartet einen Augenblick, bis Skira in die Küche geht.   „Du brauchst dir auch keine Gedanken über dein Geheimnis zu machen. Wenn irgendwo Geheimnisse sicher sind, dann bei Reland.“ Sagt er und seufzt. „Allerdings sind wir ihm beide ihm etwas schuldig und Reland ist nicht der Mann, der das vergißt. Außerdem wird er prüfen lassen, wie stark deine Gabe entwickelt ist. Bete zu den Göttern deines Vertrauens, daß sie so schwach ist wie möglich.“ Auris schenkt sich den Becher voll und leert ihn in einem Zug.  
Sat, Jun 22nd 2024 02:09

“Aber, Meister,” antwortet Lua mit noch immer zitternder Stimme, “womit soll ich denn dem Kommandanten meine Schuld abgelten? Ich kann doch nichts, was von seinem Interesse sein könnte, und ich tue ebensowenig. Und ich glaube nicht, dass er Euch bitten wird, ein ganz besonderes Bild von mir zu malen, das er in seinem Schlafzimmer aufhängen will.”   Sie greift nun zu ihrem Becher und nippt davon, dann fügt sie hinzu: “Und wenn er von Euch etwas verlangt, so lasst mich dann meine Schuld Euch gegenüber abdienen. Vergesst dann einfach meine acht Filis am Tag.”   Ihr Blick geht dann nachdenklich auf ihre Oberschenkel, schließlich murmelt sie mehr, als sie sagt: “Wie kann ich denn herausfinden, ob ich eine Gabe habe oder nicht? Wie kann ich sie verstecken, oder sie schwächer aussehen lassen? Ich meine, weiß doch nichts davon.”
Sun, Jun 23rd 2024 02:05

„Reland wird sicher kein Geld von uns wollen, Lua. Trotzdem danke für dein Angebot, aber du kriegst deinen Lohn weiter wie bisher ausgezahlt.“ In einer hilflosen Geste hebt Auris die Arme und läßt sie wieder fallen. „Allein die Zwillinge wissen, was in seinem Kopf vorgeht und was er eines Tages von dir haben will. Menschen sind für ihn bis auf wenige Ausnahmen Werkzeuge, die zu einem bestimmten Zweck eingesetzt werden. Aber du kannst dir sicher sein, eines Tages treibt er die Schuld ein. Aber allen Göttern sei dank, er sieht dich offensichtlich nicht als Gefahr für das Haus! Nur deswegen bist du noch da. Wir sind zwar alte Freunde, aber ich hätte ihn nicht umstimmen können, wenn er dich als Risiko gesehen hätte.“ Nachdenklich dreht Auris seinen Becher in der Hand bevor er ihn leert. „Du kannst gar nichts tun im Bezug auf deine Gabe. Sie ist da, wenn es die Hexenpriesterinnen herausgefunden haben. Er wird dich prüfen lassen, Lua und du kannst gar nichts anderes machen, als tun, was man dir sagt und hoffen, daß deine Gabe so schwach ist, daß sie für das Haus nicht von Interesse ist.“  
Sun, Jun 23rd 2024 10:27

Lua schaut nun Auris in die Augen, und die Verzweiflung scheint ihr geradezu ins Gesicht geschrieben.   “Aber Meister,” meint sie, “egal was der Kommandant von mir fordert, wie soll ich es ihm geben, so dass er mit mir zufrieden ist? Wenn Ihr sagt, dass Ihr mich gut malen könnt, so mag dies stimmen, meinetwegen. Nur wird der Kommandant wohl nicht dies haben wollen. Ich könnte Rikka fragen, sie solle mir beibringen, wie man einen Mann verführt, aber ich denke, auch dies wird beim Kommandanten kaum Früchte tragen. Aber seht Ihr, Ihr sagtet wir armen Leute würden uns stets zu wenig zutrauen. Aber wenn immer wieder so etwas passiert, wenn wir Straßenmenschen Erfolg haben, so hat man irgendwann Angst vor dem Erfolg.”   Sie nimmt ihren Becher und trinkt ihn aus.   “Doch sollten wir uns an die Arbeit machen,” fügt sie dann mit großer Bestimmtheit hinzu. “Ihr habt mich angeworben, um mich zu malen.Wer weiß, wie lange Ihr nun noch Gelegenheit dazu haben werdet.”
Tue, Jun 25th 2024 01:59

„Reland verführen? Schlag dir das aus dem Kopf, meine Liebe! Das schafft nicht einmal T’Sai. Er ist in sehr festen Händen und selbst wenn er es nicht wäre, dann versteht er Vergnügen von Pflicht sehr genau zu trennen. Zerbrich dir nicht den Kopf darüber, was er irgendwann von dir will. Reland zieht an so vielen Fäden, daß es unmöglich ist, sich irgendwie darauf vorzubereiten. Vielleicht ist es nur ein Botengang oder deine Anwesenheit zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort. Wenn du es erfährst, hast du immer noch Zeit, dir darüber Gedanken zu machen.“ Dann ändert sich sein Tonfall.   Auris ist immer noch freundlich, aber ein leicht gereizter Unterton schwingt in seiner Stimme. „Lua, ich bitte dich, nicht wieder die alte Straßenkinderleier! Das Leben besteht aus einer endlosen Kette von Katastrophen, durch die man durch muß, wenn man sich nicht am Halse aufhängen will. Eine eifrige Untergebene Relands hat die Brandnarben bemerkt und dich der Spionage verdächtigt. Deswegen ist Reland hier gewesen. Hätte ich ihm verweigert mit dir zu sprechen, dann hätte er dich abholen lassen. Wenn jemand an der Entwicklung Schuld trägt, dann bin ich es. Ich hätte dir lange Handschuhe zu dem Kleid machen lassen sollen. Aber es ist nun leider nicht mehr zu ändern.“ : sagt Auris und leert seinen Becher. „Aber in einem hast du recht. Wir sollten an die Arbeit gehen. Ich schenke mir noch einen Becher ein. Möchtest du auch noch etwas Wein?“  
Tue, Jun 25th 2024 10:20

Lua hört Auris zu, doch dieses Mal scheinen seine Worte wenig Wirkung zu zeigen. Sie nickt nur und schiebt ihm ihr Glas hinüber. Es dauert danach auffällig kurz, bis sie das Glas geleert hat, und der Gang ins Atelier verläuft auffallend schweigend. Noch in der Tür streift sich Lua das Kleid vom Kopf und stellt sich kommentarlos auf das Podest. Doch scheint der Besuch des Kommandanten wie ein Felsblock auf ihrer Seele zu lasten. Jedenfalls ist es dem Künstler praktisch unmöglich, dieses natürliche Strahlen, diese unbekümmerte Einfachheit einzufangen, die Lua so ausmacht. Die Augenbrauen bleiben heute zusammengezogen, und dieser leicht verkniffene, skeptische, misstrauische Ausdruck ist wieder da, den Auris bereits am ersten Tag fast dauerhaft in die Vergangenheit verbannt hatte. Lua steht still, stiller als an anderen Tagen, sie nimmt jede Position ein, die Auris verlangt, aber an ihrem Gesichtsausdruck etwas zu verändern, das scheint ewig schwierig, ja ganz und gar umöglich zu sein.
Wed, Jun 26th 2024 04:22

Irgendwann wirft Auris den Pinsel hin. „So hat das keinen Sinn, meine Liebe! Ich verstehe schon, daß dir Reland einen Schrecken eingejagt hat und es ist gut, daß du ihn nicht auf die leichte Schulter nimmst, aber deine Stimmung ist niederdrückend. So kann ich nicht arbeiten. Ich habe genug Skizzen, die ausgearbeitet werden müssen. Besser du ziehst dich an und nimmst dir den Rest des Tages frei. Mach, was dir Freude macht, denk nach oder schau hinaus auf den Okeanus, bis es dir wieder besser geht. Die Dinge sind wie sie sind, meine Liebe, da ändert auch das Heraufbeschwören aller möglichen Schreckensszenarien nichts daran, im Gegenteil, es macht es nur schlimmer.“: sagt Auris, knüllt den Bogen Papier, auf dem er skizziert hat, zusammen und wirft ihn zur Seite. Er bückt sich nach seiner Flasche und geht zu dem Tisch, der mit Skizzen und Studien übersät ist und beginnt sie durchzusehen.      
Wed, Jun 26th 2024 10:10

Lua kommt also von dem Podest wieder herunter und geht durch das Atelier. An der Tür klaubt sie ihr Kleidchen auf und zieht es sich über den Kopf. Sie verlässt den Raum jedoch noch nicht, obwohl es zunächst ganz den Anschein hat. Im letzten Moment bleibt sie noch einmal stehen und dreht sich um.   “Aber, Meister,” meint sie dann kleinlaut, “glaubt Ihr, wir können morgen schon zum Kommandanten gehen? Es würde mir weit besser gehen, wenn ich wüsste, woran ich bin. Ich glaube, es würde mir dann auch leichter fallen, wieder ordentlich Modell stehen zu können.”   Sie schaut Auris an, mit reichlich flehendem Gesichtsausdruck, während sie die rechte Hand mit der linken verdeckt, wie zufällig, oder vielleicht ist es komplett zufällig.
Fri, Jun 28th 2024 01:19

Auris dreht sich mit einem Blatt in der Hand zu Lua um. „Ich kann ihn ja fragen, ob es ihm recht ist, daß wir morgen zu ihm gehen. Aber er will dich nur sehen, weil er dich und deine Gabe prüfen lassen will. Glaube bitte nicht, daß er dir morgen sagen wird, was er sonst noch von dir will. Es kommt auf die Situation an und sein Kalkül. Wenn er sich zu einem gewissen Zweitpunkt einen Vorteil davon verspricht, dich zu involvieren, dann wird er es tun und es gibt keinen Weg daran vorbei. Das kann Monate dauern, sogar Jahre, meine Liebe, oder vielleicht passiert es niemals. Es ist genauso wenig voraussehbar, wie ein Hagelsturm. Deswegen sagte ich dir, zerbrich dir nicht den Kopf.“  
Sat, Jun 29th 2024 01:48

“Aber Meister,” antwortet Lua mit Nachdruck, “schon das wäre viel für mich, wenn ich schon nur das wüsste. Ob ich wegen meiner Gabe jetzt etwas zu befürchten habe oder auch nicht. Ich meine, ob der Kommandant in mir eine Gefahr sieht, wegen dieser Gabe, oder aber nicht, dass macht doch schon einmal einen ganz grundlegenden Unterschied. Wobei ich mir ja fast sicher bin, dass diese Gabe so gut wie gar nicht da ist.”   Sie schaut Auris noch einmal flehend an, dann dreht sie sich um und geht reichlich niedergeschlagen auf ihr Zimmer. Wenig später sieht man sie, mit den Kleidern, mit denen sie angekommen ist am Körper, die Wohnung zu verlassen. Sie geht zum Arsenal, schlendert über den Platz und setzt sich dann direkt an den Kai, die Beine in die Richtung des Wassers baumelnd und schaut nachdenklich auf das Wasser hinaus.
Sun, Jun 30th 2024 12:07

„Schön, meine Liebe, wenn es dir wichtig ist, dann rede ich mit Reland. Du mußt nicht fürchten, daß er dich wegen deiner Gabe foltern läßt oder dich hinrichtet. Ganz im Gegenteil! Du mußt dich davor fürchten, daß deine Gabe stark genug ist, um von Nutzen zu sein, denn dann gehörst du mit Haut und Haaren Thornhoff. Auf der Straße bringen sie dich um, wenn du im Verdacht stehst eine Hermetikerin zu sein, die Häuser suchen insgeheim nach Hermetikern, um sie in ihre Dienste zu pressen und ihr Gaben zu ihrem Vorteil zu nutzen. Materiell wird dir in diesem Fall an nichts fehlen, du wirst besser leben, als die Meisten, aber du hängst an der Kette, denn kein Haus läßt zu, daß ihnen ein Hermetiker abhandenkommt und vielleicht für ein anderes Haus seine Gabe nützt. Wenn deine Gabe zu schwach ist um von Nutzen zu sein, dann hast du von Reland in dieser Hinsicht nichts zu befürchten. Bei ihm ist dein Geheimnis gut aufgehoben.“: sagt Auris und schaut besorgt hinter Lua her, als sie sich umdreht und die Treppe hinabsteigt. Ein wenig später taucht er ein in die Welt aus Farben, Formen und Licht und läßt sich von seinem Talent und Schaffensdrang davon tragen.