Mon, May 12th 2025 11:28
Edited on Mon, May 12th 2025 12:56
Lua wird auf Anhieb wieder ernst. Nur kurz flammt noch einmal ihr Lächeln auf, als sie den Bediensteten des Meisters zuwinkt, als sie den Raum verlässt. Den Zwillingen sei Dank, sie haben nun wohl ein gutes Auskommen und, was noch viel besser ist, sie können auch alle zusammen bleiben! Und sie, sie wird sie besuchen, so oft sie Zeit dafür finden wird und so oft es ihr Säckel zulässt! Da ist sie sich ganz sicher.
Doch nun folgt sie erst einmal dem Kommandanten. Sie wäre ihm inzwischen wohl oft genug begegnet, und oft genug ist er überaus freundlich zu ihr gewesen. Aber trotzdem, der Kommandant ist der Kommandant, und Lua kommt nicht aus ihrer Haut. Und so hat sie wieder einmal ein reichlich flaues Gefühl in der Magengegend, als sie ihm folgt. Es gibt nun keinen Meister mehr, der für sie eintreten könnte, und wenn die Mächtigen entschlossen haben, das Kapitel Lua Aetaya sollte aus der Geschichte des Hauses getilgt werden, so können sie es machen. Ziemlich kleinlaut setzt sie sich also auf den Stuhl, schaut schüchtern auf die Tischplatte derselben. Stumm hört sie zu.
Sie schaut Reland wieder an. Sie schaut ihn an, mit offenem Mund, bemerkenswert großen Augen, mit hochrotem Kopf. Sie schaut ihn an, unfähig, auch nur ein einziges Wort herauszubringen. Sie hat die Salzkarawanen gesehen, sie hat gesehen, wie lang sie sind, welche Unmengen Salz sie wegbringen, mit welch kostbaren Gütern sie zurückkehren. Sie kann sich nicht so richtig vorstellen, wie viele Filis, nein, Lamen ein einziger der Karren wert sein muss. Und nun soll sie einen Teil an dem ganzen Geschäft erhalten! Nun wird sie leben, wie die Familienmitglieder des Hauses! Nun wird sie so oft in den Gasthof ihre Freunde gehen können wie sie will, sie wird Andeth sein Glück ermöglichen können und noch so viel mehr! Sie schaut Reland an, dann schüttelt sie fast unmerklich den Kopf, ihre Lippen formen ein fast stimmloses: “Danke!”
Da erst fällt es ihr wohl auf, wie merkwürdig sie sich verhält, dass sie gerade so tut, wie der Meister ihr immer wieder aufgetragen hat, es eben nicht zu tun. Sie nimmt nun also verlegen das Schreiben des Meisters und beginnt, in ihm zu lesen. Wobei sie nun natürlich beim nächsten Problem angelangt ist. Wohl hat sie Rechnen gelernt, sie kann auch die Zahlen schreiben, ja, gar einige Buchstaben lesen. Doch war der Prozess nicht lange genug gewesen, als dass ihr die Fähigkeit vergönnt wäre, das Schreiben des Meisters zu entziffern. Also schaut sie wohl auf die Zeilen, bevor sie das Schreiben zu Reland schiebt.
"Könnt Ihr mir es vorlesen?" fragt sie ihn mit leiser, zitternder Stimme.