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Thu, Apr 10th 2025 07:47   Edited on Mon, Oct 27th 2025 11:00

[Tag 21: Abends]Rattengulasch bei Lua

Die Sonne tauchte den Abendhimmel in glühende Orange- und Violetttöne, als in Luas Küche plötzlich emsiges Treiben einsetzte. Ein bunter Haufen frischer Zutaten – knackige Zwiebeln, leuchtend orangefarbene Karotten, saftige Paprika in allen Farben und erdige Kartoffeln – wanderte flink unter Andeths geschickten Händen aufs Schneidebrett und verwandelte sich in ein lebhaftes Mosaik kleiner Würfel. Daneben, appetitlich drapiert, lag das zarte Fleisch zweier sorgfältig entbeinter Ratten bereit. Ein fröhliches Liedchen summend, machte sich Andeth ans Werk, um ein herzhaftes Rattengulasch zuzubereiten. Ein Klecks duftendes Schmalz landete in einem Topf, der über dem knisternden Feuer hing. Augenblicklich schmolz das Fett zu einer goldenen Flüssigkeit. Zischend folgten die Zwiebelwürfel. Ein stechender Dampf stieg auf, der Andeth kurz die Augen tränen ließ, doch unverdrossen rührte er mit einem rustikalen Holzlöffel, verhinderte das Anbrennen der Zwiebeln und wartete geduldig, bis sie eine zarte, glasige Farbe annahmen. Mit einem schwungvollen Wurf gab er dann das vorbereitete Rattenfleisch hinzu. Ein aufregendes Brutzeln erfüllte die Küche, ein erster, vielversprechender Duft breitete sich aus und verströmte eine heimelige Wärme. Dieser Duft intensivierte sich noch, als das bunte Gemüse zum Andünsten in den Topf wanderte. Wenig später löschte Andeth das Ganze mit einem Schwall klaren Quellwassers ab – ein lautes Zischen durchbrach die Stille. Die Begeisterung, mit der er in der kleinen Küche hantierte, war förmlich greifbar. Seine Augen funkelten vor Eifer, und ein breites Lächeln umspielte seine Lippen. Während das Gulasch nun sanft in einer irdenen Pfanne vor sich hin köchelte und verführerische Aromen verströmte, begann Andeth, den grob gezimmerten Holztisch zu decken. Neben rustikalen Holztellern und bauchigen Krügen platzierte er liebevoll einen kleinen Strauß wilder Blumen, die er zuvor auf einer seiner Streifzüge gepflückt hatte – ein farbenfroher Akzent inmitten der einfachen Mahlzeit.
Thu, Apr 10th 2025 11:46

Nun sind freilich die Teller weder rustikal noch aus Holz, der Tisch nicht grob gezimmert. Andeth wird Teller feinster coveanischer Machart auf einen blank polierten Tisch stellen - wenn die Thornhoff’sche Oberschicht sich um jemanden ihresgleichen kümmert, dann macht sie das auch ordentlich. Freilich macht das jedoch keinen großen Unterschied in der Sorgfalt, der Liebe zum Detail, in der Andeth all die Utensilien auf dem Tisch drappiert, lässt dies die duftenden Blumen nicht weniger in all ihrer Farbenpracht erstrahlen.   Es dauert wohl ein bisschen, bis die Besitzerin dieser doch herrschaftlichen Wohnung nach Hause zurückkehrt. Nun ist diese Besitzerin wohl so schön wie eh und je, gibt ihr dieses schwarze, rückenfreie Kleid mit dem ausladenden Schlitz über ihrem schlanken Schenkel noch diesen letzten Rest an Anziehungskraft, die sie wohl zum Mittelpunkt in jeder Kaschemme der Stadt machen würde. Und doch wirkt sie traurig und niedergeschlagen, was angesichts der Natur ihres gerade zu Ende gegangenen Besuches ja auch kein Wunder ist. Langsam öffnet sie also die Tür, schlurft mehr in den Raum als sie geht, und ebenso langsam schließt sie die Tür wieder hinter sich. Dann bleibt sie stehen. Sie schaut auf den Tisch, atmet den Duft des vor sich hin brutzelnden Gulaschs ein, betrachtet die Blumen auf dem Tisch, die frisch polierten Gläser. Gerade ist Andeth dabei, einen Krug frischen Wassers auf den Tisch zu stellen. Die Herrin schaut auf ihren Sklaven, den sie ja bekanntlich ziemlich unfreiwillig unter ihre Fittiche gestellt bekommen hat. Sie schaut ihn also an, zunächst geht wohl ein freudiges Strahlen durch ihr Gesicht, doch nur für einen Augenblick. Dann schließen sich ihre Augen für einen weiteren dieser Momente, bevor die Tränen wieder über ihr Gesicht laufen. Ein paar Schritte sind es, die Andeth wohl gerade die Zeit geben, den Krug auf dem Tisch abzustellen, dann ist sie schon bei ihm und fällt ihm um den Hals. Eng drückt sie ihn an sich, schmiegt ihr Gesicht an seinen Hals. Andeth spürt ihre warmen Tränen, die langsam an seinem Hals entlang und über seinen Rücken laufen, er spürt ihr Beben, ihr Festhalten an seinem so arg ramponierten Leib.   “Danke,” flüstert sie schließlich mehr, als dass sie es sagt, “ich danke dir so viel für all das.”
Fri, Apr 11th 2025 07:05   Edited on Fri, Apr 11th 2025 07:06

Andeth erstarrte für einen Herzschlag, völlig unvorbereitet auf diesen Sturm der Gefühle, der seine Herrin übermannte. Doch dann – ein Beben ging durch ihren zierlichen Körper, Tränen bahnten sich ihren Weg wie reißende Bäche, und mit einem verzweifelten Schluchzen klammerte sie sich an ihn, als wäre er die letzte verbliebene Insel der Hoffnung in einem tobenden Meer der Verzweiflung. Seine Arme, zuerst zögerlich, schlossen sich dann wie von selbst um sie, ein sanfter, aber fester Anker in ihrem emotionalen Chaos. Wortlos hielt er sie fest, spürte die zitternde Intensität ihrer Trauer, erlaubte ihr, sich hemmungslos in ihren Schmerz fallen zu lassen. Und inmitten dieser erschütternden Nähe, in diesem intimen Moment des Trostes, stahl sich ein leises, fast unmerkliches Gefühl der Wärme in sein Inneres. Obwohl der Tag seine Spuren hinterlassen hatte, obwohl ihre Haut von Anstrengung und aufgewühlten Emotionen leicht feucht war, stieg ein Duft in seine Nase, rein und unverfälscht, eine betörende Melodie ihrer natürlichen Essenz. Seine Herrin. Allein dieser Gedanke löste eine sanfte Welle in ihm aus.
Leif zog instinktiv die Schultern gegen die Kälte hoch, denn die Tortur bei der Dragha spürt er immer noch in den Knochen. Der Tag neigte sich dem Ende entgegen, und die Dämmerung legte sich wie ein Schleier über die Dächer von Pelorn.   Wie viel für Lua an nur diesem einen Tag passiert ist. Seit der Beerdigung hatte er nur einen kurzen Blick auf sie werfen können, aus der Ferne, abgeschirmt von der Wachmannschaft und war ihr nach der Beerdigung gefolgt um herauszufinden wo sie aktuell wohnt.   Aber jetzt war er wieder da. Und er würde sie sehen – heute noch.   Er wusste nicht, was er erwartete. Aber was er sich wünschte, das war einfach: Dass es ihr gut ging. Dass sie nicht alleine war mit diesem Schmerz. Er hielt vor der Tür. Für einen Moment schien die ganze Welt still zu stehen.   Hinter diesem Türblatt – Lua. Die Frau, die er seit dem Essen nicht mehr vergessen konnte. Deren ruhige Stimme ihm in der Gefangenschaft immer wieder durch den Kopf gegangen war wie ein Lied, das man nicht mehr vergisst.   Er hob die Hand. Zögerte.   Lächelte ein wenig, fast schüchtern – eine seltene Regung auf seinem wettergegerbten Gesicht. Dann klopfte er.   In dem Moment, in dem Lua sich an Andeth klammerte, ihre Tränen wie warme Tropfen an seinem Hals hinabrannen, zerriss das sanfte, traurige Innehalten des Raumes ein leises, fast vorsichtiges Klopfen an der Tür.
Fri, Apr 11th 2025 10:51

Der Moment der Stille, der Ruhe, des ehrlichen Trauerns, der Moment einer fast schon unwirklich erscheinenden Zweisamkeit zwischen zwei Menschen, die das Schicksal fast schon brutal zusammengeworfen hat, wird jäh unterbrochen. Es ist kein extremer Eingriff in die Atmosphäre, es ist nichts, was einen erschauern lassen würde. Es ist ein leises, fast schon zaghaftes Klopfen an der Tür, eine leise Erinnerung daran, dass auch in diesem Moment das Leben draußen weitergeht, dass auch der Verlust der liebsten Leute nicht bedeutet, dass die Welt deswegen innehalten möchte. Vielmehr ist es an Lua, die nun innehält, Andeth aus verweinten Augen ansieht, ihren Oberkörper von dem seinen entfernt, ohne die Arme von seinen Schultern zu nehmen. Der Kuss, den sie ihm auf seine Wange heftet, kommt nun doch etwas unerwartet.   “Vielen Dank, dass du meine Wohnung so sehr zu einem Zuhause machst,” raunt sie ihm ins Ohr, dann jedoch löst sie sich auch schon und geht zur Tür, um ebendiese auch zu öffnen - ganz so wie es wohl nicht nur in Pelorn Sitte ist, wenn jemand daran klopft.   Natürlich ist es für Leif schwer zu übersehen, dass Lua gerade geweint hat. Rote Augen, die gleichfarbige Umrandung eben dieser so großen, so tiefgründigen Seelenspiegel, nasse Schatten auf den Wangen, dies sind eben allzu klare Hinweise auf ihren Gemütszustand. Und doch, in diesem taillierten, figurbetonten, hochgeschlitzen, rückenfreien schwarzen Kleid strahlt sie Würde aus, hebt sich auch in diesem unvorteilhaften Moment aus der kruden Masse der parasitenverseuchten Bevölkerung der Stadt hervor. Lua ist bei den Zwillingen nicht klein, und das Kleid lässt sie noch größer, schlanker, vielleicht sogar begehrenswerter erscheinen. Und wie sie die Tür nun öffnet, erscheint ein Ausdruck des Strahlens, erscheint ein erfreutes Lächeln in dem ach so traurigen Gesicht, eine Überraschung, die nur allzu gelungen erscheint.   “Leif!” sagt sie einfach nur mit leicht rauer, gebrochener Stimme. “Was machst du denn hier? Ich dachte, du würdest mich nach dem Essen im Duftenden Garten gar nicht mehr anschauen!”
Fri, Apr 11th 2025 11:47

Andeths Kopf schnellte hoch, als ein kaum hörbares Klopfen die Stille zerriss. Ein Augenblick der Irritation wich jäher Überraschung, als Luas Lippen federleicht und doch brennend einen Kuss auf seiner Wange hinterließen. Sein Blick suchte kurz die tiefdunklen Seen ihrer Augen, ein stummer Dank für diese zarte Geste inmitten ihrer Trauer. Doch dann löste sich Lua aus seiner tröstenden Umarmung und schob die schwere Tür auf. Instinktiv verlagerte Andeth sein Gewicht, die Muskeln spannten sich unmerklich. Seine Augen fixierten die sich öffnende Spalte, suchten nach dem Ursprung der nächtlichen Störung. Als die Gestalt im Dunkeln sich deutlicher abzeichnete, fror sein Blut in den Adern. Sein Gesicht erstarrte zu einer Maske unlesbarer Emotionen. Adrenalin flutete seinen Körper, weckte jeden Nerv, jeden Muskel. Der Sklave in ihm war alarmbereit, auf alles gefasst, was die Dunkelheit ihm entgegenwerfen mochte. Doch er hielt sich zurück, ein Schatten im Hintergrund, und beobachtete mit gespannter Aufmerksamkeit, wie Lua den Freund seiner Schwester empfing. Was mochte diese nächtliche Begegnung bedeuten? Die Ungewissheit nagte wie ein hungriges Tier an seinen Nerven.
Leif sah sie an, und es fühlte sich an, als würde sich die Welt für einen kurzen Moment in Zeitlupe bewegen. Die Art, wie ihr Lächeln sich auf ihr vom Weinen gezeichnetes Gesicht legte, traf ihn tief. In ihren Augen schimmerte der Schmerz, und doch war da dieses Funkeln, das ihn jedes Mal daran erinnerte, warum sie ihm so viel bedeutete.   Er sagte kein Wort. Stattdessen trat er vor, hob langsam die Arme und zog sie in eine Umarmung, die all das sagen sollte, was er nicht aussprechen konnte. Er schloss die Augen, hielt sie fest. Vielleicht etwas zu fest.   „Es tut mir leid“, hauchte er ihr ins Ohr, kaum hörbar. „Ich weiß, was Auris dir bedeutet hat. Ich… ich hätte da sein sollen.“ „Kommst du klar?“ fragte er schließlich, ganz leise. Es war mehr als eine Frage – es war ein Flehen.   In diesem Moment fiel sein Blick über ihre Schulter hinweg – und dort stand er. Andeth. Still, fast schon unsichtbar, aber dennoch da. Immer ist er irgendwo. Leif blinzelte kurz irritiert. Es war nicht das erste Mal, dass der junge Mann in einem Moment auftauchte, der eigentlich keiner für Zuschauer sein sollte. Und er bemerkte Leifs Blick, diese Mischung aus Überraschung und einem Anflug von Misstrauen.   Leif zwang sich zur Ruhe. Er durfte sich jetzt nicht verlieren. Nicht in Eifersucht, nicht in Fragen. Es war nicht der Moment.   Langsam löste er sich aus der Umarmung, seine Hände glitten sanft von ihren Schultern. Er trat einen kleinen Schritt zurück, hielt den Blickkontakt, lächelte leicht. Nicht aufgesetzt, sondern ehrlich. Sanft.   „Ich bin immer für dich da, Lua,“ sagte er mit fester Stimme. „Egal was passiert.“
Fri, Apr 11th 2025 01:13

“Auris…” beginnt Lua, und für einen Moment ist es allzu offensichtlich, dass sie mit all ihrer Kraft gegen die Tränen ankämpft. Es gelingt ihr, wenn die Augen auch wieder jenen nassen Schimmer annehmen. “Ich meine, Auris war der erste der Reichen, die mich irgendwie als Mensch wahrgenommen haben. Er war der erste, der in mir mehr gesehen hat, als jemanden, der Fische ausnehmen kann, der irgendwelche Kisten tragen kann oder einfach nur die Beine breit machen. Auris hat aus mir einen Menschen gemacht, einen Menschen, dessen Meinung zählt, der den Wichtigen gerade in die Augen schauen kann, ohne gleich einen Knüppel im Bauch zu erwarten. Ich hoffe wirklich, es geht ihm gut, wo immer er jetzt auch sein mag.”   Sie fährt sich mit Daumen und Zeigefinger über die Augen, dann sieht sie Leif wieder an, schüttelt den Kopf.   “Du hättest nicht da sein können,” sagt sie schließlich ganz ruhig. “Sie hätten dich gar nicht vorgelassen. Seit der Meister tot ist, befinden wir uns alle wie in einer eigenen Welt, alle irgendwie zusammen und alle irgendwie getrennt. Aber ja, ich komme klar. Weißt du, ich war kaum alleine in dieser Wohnung, da kam eine der Wachen und hat mir einen Sklaven vorbeigebracht, der wohl irgendeine Schuld abarbeiten muss.”   Sie deutet hinter sich auf Andeth. Sie sieht seinen eigenartigen Blick, woraufhin ihre Augenbrauen erschrocken zusammenzucken. Aber sie redet ganz ruhig weiter.   “Das ist übrigens Andeth, mein Sklave,” fährt sie also fort. “Und ich sage dir, er versteht es so gut, diese Wohnung zu einem Zuhause zu machen, so wie es Auris auch verstanden hat. Ich bin am Anfang erschrocken, einen Sklaven haben zu müssen, aber Andeth, er ist mehr als ein Sklave, er ist ein Freund, genauso wie du. Und wie du mir gezeigt hast, dass das Leben weitergeht, als du mich auf der Melenischen Brücke aufgesammelt hast, so hat er es mir gezeigt, jetzt, wo ich eigentlich auch wieder ganz auf Anfang war.”   Sie dreht sich wieder zu Andeth, und ein warmer Blick trifft ihn. Dann wendet sie sich wieder an Leif.   “Riech doch mal, wie köstlich das Rattengulasch duftet,” spricht sie weiter. “Schau, wie schön der Tisch gedeckt ist, war für herrliche Blumen darauf stehen. Das hat alles Andeth gemacht.”   Sie macht eine ganz kurze Pause, bevor sie fragt: “Magst du übrigens zum Essen bleiben? Andeth, wir haben doch genug für drei, oder? Es wäre mir eine große Freude, wenn du bleiben könntest, und ich hoffe wirklich, du fühlst dich hier wohler als im Duftenden Garten.”
Die Art, wie sie ihn beschrieb – als einen der wenigen, die sie als Mensch gesehen hatten – machte einmal mehr deutlich, was für ein Verlust ihr das war. Und während sie sprach, wurde Leif schmerzlich bewusst, dass er nie ganz so wichtig für sie gewesen war wie Auris. Vielleicht aus anderen Gründen, vielleicht auch nicht. Aber was wirklich an ihm nagte, war der Name, den sie so beiläufig nannte: Andeth.   Sein Blick wanderte wieder zu dem jungen Mann im Hintergrund. Andeth. Da stand er. Und auch wenn Lua ihn einen Freund nannte, Leif konnte nicht leugnen, dass sich in seiner Brust etwas zusammenzog. Nicht aus Eifersucht, zumindest nicht nur. Es war eher… Unruhe. Irritation.   Andeths Blick begegnete dem seinen. Ruhig. Offen. Nicht angriffslustig, aber wachsam. Ein Blick, der sagte: Ich weiß, wer du bist. Und ich gehe nicht weg. Leif straffte die Schultern, zwang sich zur Ruhe. Seine Augen wanderten zurück zu Lua, die ihn gerade ansah, mit einer Mischung aus Hoffnung und Traurigkeit. Er lächelte – sanft, aber mit einer Kraft, die von tiefer Entschlossenheit sprach.   „Ich würde sehr gern bleiben, Lua“, sagte er leise, aber fest. „Deine Einladung bedeutet mir viel… und es tut gut, dich so zu sehen. Auch wenn es schwer ist.“ Er trat langsam weiter in den Raum.. Er wollte nichts überstürzen, keine Gefühle zerbrechen, die noch heil waren.   „Es ist schön, dass du jemanden hast, der dir hilft. Der dich sieht. Und ich bin froh, dass du nicht allein bist.“   Sein Blick blieb für einen Moment an ihrem haften, dann sah er kurz zu Andeth und nickte ihm zu – kurz, respektvoll. Dann wandte er sich dem gedeckten Tisch zu, dem Duft, der in der Luft lag. Rattengulasch. Blumen. Wärme.
Fri, Apr 11th 2025 02:23   Edited on Fri, Apr 11th 2025 02:26

Andeths Augen huschten aufmerksam zwischen den beiden hin und her, jede Bewegung, jede kleinste Veränderung in Leifs Haltung registrierend. Erst als sich im Laufe des Gesprächs die anfängliche Anspannung von Leif zu legen schien, ein Hauch von Entkrampfung seine Züge umspielte, erlaubte sich auch Andeth eine subtile Erleichterung. Seine Schultern sanken einen winzigen Millimeter, die Anspannung wich einem leichten Zug um seine Mundwinkel. Doch die innere Wachsamkeit blieb bestehen, wie ein leises Knistern unter der Oberfläche.   „Aber sicher doch“, erwiderte er nun, „ich habe genug Gulasch gekocht, da werden wir alle drei satt. Meine Schwester war heute Morgen so freundlich, mir einen ordentlichen Fang frischer Ratten mitzugeben.“ Ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen als an die beiden Ratten denkt. Er wandte sich ab und verschwand in der angrenzenden Küche. Nach wenigen Augenblicken kehrte er zurück, in den Händen ein weiteres, sorgfältig zusammengestelltes Gedeck. Mit bedächtigen Bewegungen, die die gleiche Achtsamkeit verrieten wie seine Beobachtungen, platzierte er den Teller an der Stirnseite des Tisches. Nun formten die drei Teller ein ungleichmäßiges Dreieck, dessen Zentrum ein bescheidener Strauß wilder Blumen bildete, der in einer Tonvase steckte. „Wenn ihr beide mögt“, sagte Andeth und seine Augen wanderten von Leif zu Lua, „können wir uns nun stärken. Inzwischen müsste das Fleisch so mürbe sein, dass es förmlich auf der Zunge zergeht, ohne dass ihr eure Zähne bemühen müsstet.“ Mit einer offenen, einladenden Geste seiner Rechten deutete er auf den Tisch, einladend zu einer gemeinsamen Mahlzeit. Der Duft des herzhaften Gulaschs, vermischt mit dem erdigen Aroma der Wildblumen, erfüllte nun den Raum und schuf eine unerwartet behagliche Atmosphäre.
Fri, Apr 11th 2025 03:22

Luas Blick geht zwischen den beiden Männern hin und her. Irgendetwas stimmt hier nicht, irgendetwas steht hier im Raum, das nicht im Raum stehen sollte, das fühlt sie ganz deutlich. Sie hat zwar keine Ahnung, was es sein könnte, will es eigentlich auch gar nicht wissen, aber irgendwie drückt etwas auf die Stimmung im Raum, etwas anderes als der Tod des Meisters, und wohl auch etwas anderes als das Schicksal Andeths bei der hässlichen Imeria-Furie, von der ja Leif, so vermutet es jedenfalls Lua, ja gar nichts wissen kann. Aber Andeth hat sich solch eine Mühe gemacht mit dem Tisch, mit dem Gulasch, mit eigentlich allem, seit er hier angekommen ist. Und auch Leif ist extra zu ihr gekommen, um nach ihr zu sehen. Nein, sie will nicht irgendwo so lange bohren, bis etwas zum Vorschein kommt, das besser im Verborgenen bleibt. Sie wendet sich nun also zu Andeth.   “Danke, Andeth,” sagt sie mit einem warmen Lächeln, einem warmen Blick, bevor sie Leif mit einer eleganten Handbewegung auffordert, doch an dem Tisch Platz zu nehmen.   Lua geht zum Tisch, stutzt kurz. Gerne hätte sie sich auf den Platz gesetzt, an dem sie beim Frühstück gesessen ist, zwanglos Andeth gegenüber. Sie weiß aber inzwischen, dass es sich für sie als Gastgeberin geziemen würde, am Kopfende Platz zu nehmen, dass sie Leif den Platz zu ihrer Rechten anbieten sollte. Auf der anderen Seite war ja das letzte Treffen mit Leif gerade wegen eines zu vornehmen Drumherums zum Desaster geworden. Kurz geht Lua also in sich, dann setzt sie sich einfach auf ebenjenen Stuhl, den sie eben beim Frühstück bereits mit ihrem Hinterteil erfreut hat. Sie weist Leif dann den Platz an dem Kopfende zu, womit Andeth auch wieder auf dem Platz vom Frühstück zu sitzen kommt. Dass sie selbst nun den, laut Pelorner Sitzordnungsgebräuchen, am wenigsten wichtigen Platz einnimmt, das ist ihr letztendlich ziemlich egal.   Kurz geht ihr Blick über den Tisch, da fällt ihr etwas auf. Der Meister hätte sich wohl lauthals beschwert über das Versehen, doch Lua will keine Herrin sein, wenn sie auch zweifelsohne zu einer solchen gemacht wurde. Sie steht also auf und holt selbst die Flasche Wein, öffnet sie und schenkt allen dreien ein Glas voll ein. Dann setzt sie sich wieder auf ihren Stuhl. Und während Andeth nun das herrlich duftende Gulasch aufträgt, fragt sie Leif nun ganz unbefangen: “Aber sag, wie ist es dir eigentlich ergangen seit unserem Essen im Duftenden Garten? Schreitet der Bau deines Hauses gut voran?”
Als Leif sich schließlich, nach Luas Einladung, langsam in Bewegung setzte, bemerkte sie es sofort: Die Art, wie er sich bewegte, war nicht die eines unverletzten Mannes. Es war eine Schonhaltung, vorsichtig, kontrolliert. Jeder Schritt, jede Drehung war mit Bedacht gewählt, als ob er seinen Körper vor einem weiteren Schmerz schützen wollte. Auch als er sich schließlich auf den ihm zugewiesenen Platz am Kopfende des Tisches setzte, geschah das in einem ruhigen, fast ritualisierten Ablauf – kein schlichter Akt des Platznehmens, sondern eine kleine, stille Auseinandersetzung mit seinem eigenen Zustand.   Leif nahm sein Besteck zur Hand, betrachtete einen Moment lang das dampfende Gulasch vor sich, dann hob er das Glas, das Lua eingeschenkt hatte. Der Wein war tiefrot, kräftig duftend, und als er einen Schluck nahm, ließ sich ein echter Moment des Genusses nicht verbergen. Ein leises „Hm“ entwich ihm, begleitet von einem fast überraschten Nicken.   „Das ist gut. Wirklich gut,“ sagte er, sah zuerst zu Lua, dann zu Andeth, dessen Blick er für einen kurzen Moment hielt. „Danke.“ Es war ehrlich gemeint, und vielleicht war gerade diese Ehrlichkeit der gefährlichste Teil an diesem Tisch.   Er wandte sich wieder Lua zu, sein Ton blieb ruhig, beinahe nüchtern.   „Seit dem Duftenden Garten?“ Er schnaubte leise, fast so, als hätte er einen Witz im Kopf, den er lieber nicht laut sagen wollte. „Es war… ereignisreich.“ Er ließ das Glas sinken, die Finger lösten sich nicht sofort davon. „Das Gebäude macht große Fortschritte, jedenfalls das Wichtigste. Das Dach ist dicht, die Wände stehen, das Gröbste ist geschafft.“ Eine kurze Pause. „Ich habe mein Büro bezogen – es ist nicht viel mehr als ein kühler Raum mit einem Tisch, einem Stuhl und einer Kiste voller Papiere. Aber es ist mein Raum. Und das fühlt sich... gut an.“   Seine Stimme klang ruhig, doch Lua konnte hören, dass darunter noch etwas anderes lag. Etwas Ungesagtes. Dann fügte er hinzu – mit einem leichten Zwinkern, das den Ernst der letzten Tage kaum überdecken konnte: „Und der Blick auf den Hafen ist ganz passabel. Wenn der Wind richtig steht, riecht es sogar nicht nach Fisch.“ Er sah sie an, offen, dankbar für die Frage. Dann ein leiser Nachsatz, kaum lauter als der Duft des Gulaschs im Raum: „Aber der Weg dorthin war kein leichter. Nicht jeder hat Interesse daran, dass die Akademie ein Erfolg wird.“   Eine kleine Pause, bevor er, ohne die Stimme zu senken, weitersprach   „Ich hab gehört, was passiert ist.“ Er sprach es nicht aus, ließ keine Namen fallen, kein Mitleid in seiner Stimme – nur ruhige, ehrliche Anteilnahme. „Es tut mir leid, Lua. Wirklich. Ich war leider nicht in der Nähe als du mich gebraucht hast und ich sehe, dass dir etwas fehlt. Und wie du trotzdem hier sitzt, uns empfängst, ruhig bleibst – das ist… stark.“
Thu, Apr 17th 2025 01:18

“Das ist doch schön zu hören!” antwortet Lua mit einem ihrer so süßen und gewinnenden Lächeln. “Ich verstehe zwar nicht, was die Leute gegen eine Akademie hätten, ich meine, eine Akademie, das ist doch so eine Art Schule, oder? Was sollen denn die Leute dagegen haben, wenn die Einwohner Pelorns etwas lernen? Es ist doch gut für alle, wenn die Menschen lernen, oder?”   Auch sie nimmt nun einen Löffel von dem Rattengulasch zu sich, woraufhin ihr Blick ganz begeistert zu Andeth geht.   “Andeth,” ruft sie beinahe, “du bist ja ein Genie in der Küche! Ich glaube, so ein gutes Gulasch, das kriegen sie nicht einmal im Duftenden Garten zustande! Was würdest du denn davon halten, eine Taverne zu eröffnen? Ich wette, die Leute würden bis zum Arsenal und zurück Schlange stehen, nur um einen halben Teller dieses Gulaschs zu ergattern!”   Dann wendet sie sich jedoch wieder an Leif.   “Entschuldigung, aber das Gulasch ist einfach zu gut!” fährt sie also fort. “Jedenfalls ist es doch schön, dass dein Haus weitergeht, und du auch noch die Chance hast, eine Akademie zu gründen! Was soll denn in dieser Akademie unterrichtet werden?”
Sun, Apr 20th 2025 07:14

Der Duft von gekochtem Rattengulasch und aufwändig zubereiteten Beilagen zog verlockend durch die warme Stube, als Leif, Lua und er an dem liebevoll gedeckten Holztisch Platz nahmen. Sofort stürzten sie sich hungrig auf die dampfenden Teller. Luas lebhafte Stimme erfüllte den Raum, während sie angeregt mit dem Neuankömmling plauderte, ihre Worte sprudelten förmlich über vor Neugier und herzlicher Offenheit. Andeth indes, ganz in seiner aufmerksamen Gastgeberrolle versunken, sorgte unaufdringlich dafür, dass es seinen beiden Gästen an nichts mangelte. Er reichte Rattengulasch nach und schenkte sorgfältig duftenden Wein in die gläsernen Kelche, während er selbst sich mit einem erfrischenden Schluck klaren Wassers begnügte. Als Lua schließlich ihren Blick Andeth zuwandte, ihre Augen vor Genuss funkelten, und das Mahl in den höchsten Tönen lobte, huschte eine leichte Röte über seine Wangen. Er versuchte, ihre überschwänglichen Worte mit einer beinahe scheuen Geste abzuwehren. „Ach, Lua, übertreib doch nicht gleich! Du willst mich doch nur ein wenig um den Bart pinseln!“, erwiderte er mit einem verlegenen Lächeln, das seine Bescheidenheit verriet.
Wed, Apr 23rd 2025 07:29

Lua schüttelt den Kopf, schaut Andeth an und legt denselben schief.   “Wenn ich es dir sage,” entgegnet sie ihm. “Wenn ich Quark sprechen wollte, dann würde ich schweigen, ich mag es nämlich nicht, ohne jeglichen erfindlichen Grund durch die Gegend zu lügen. Aber der Meister hat mir gezeigt, wie die reichen Leute essen. Er hat mir gezeigt, wie es ist, das Beste vom Besten zu essen und die schlechten Teile einfach wegzuwerfen. Er hat mir sogar gezeigt, wie es ist, wenn man den Teller nicht aufessen muss, weil man so oder so satt wird. Jedenfalls kann ich dir versichern, ich habe in den letzten Wochen gar einige Male etwas gegessen, was so richtig scheißgut war, wo du dir die Lippen bis zu den Ohren abgeleckt hättest, wenn die Zunge lang genug gewesen wäre. Aber dein Rattengulasch, das schlägt einfach alles! Wenn du so gut kochen kannst, dann musst du einfach etwas aus deiner Begabung machen!”   Der Kopf ist wieder gerade geworden, und Lua beugt sich über den Tisch, schaut Andeth beschwörerisch an.   “Andeth, du kannst dir damit dein Glück machen! Das darfst du doch nicht einfach sausen lassen! Du kannst jeden Tag gutes Geld verdienen, und musst dir nicht wegen vier oder fünf Filis am Tag die Beine in den Bauch stehen und darauf hoffen, dass du die überhaupt kriegst, oder dass du wieder ohne Geld nach Hause kommst und dich wieder mal vom knurrenden Bauch in den Schlaf singen lässt.”   Sie schaut ihn wieder an, dann nimmt sie wieder seine Hand.   “Ich sag dir was,” fährt sie schließlich fort. “Du überlegst dir das gut, und wenn du es machen willst, dann schauen wir, wie wir zu Geld kommen. Und dann machen wir eine Taverne auf. Du kochst und ich trag die Teller zu den Tischen. Und dann machen wir halbe-halbe. Was hältst du davon?”