Mari schaut neugierig den Jäger an. "Was ist das ein Dargha?": erkundigt sie sich
Condir legt Mari den Arm um die Schulter und beginnt mit ihr, von der Feuerstelle weg zu den Trümmern, die den Platz begrenzen zu gehen. "Also, wenn die Jäger die Faust Arkon Imerias sind, so ist eine Dargha der Arm. Jeder Dargha hat ein Viertel unter seiner Gewalt. Unter wenn ich sage, unter seiner Gewalt, dann meine ich es so. Saya ist in ihrem Viertel Herrscherin über alles, über Reichtum und Armut, über Glück und Untergang, über Leben und Tod."
Mari schaut Condir mit großen Augen an. "Das heißt sie ist jetzt viel mehr als nur Jägerin? Das freut mich für sie.": sagt sie und strahlt.
Condir schmunzelt. "Es gibt jetzt nur mehr wenige auserwählte Personen, die über ihr stehen. Aber natürlich wird sie jetzt auch mehr Neider haben, und es wird auch mehr darauf geachtet, was sie tut und wie sie es macht."
Sie machen noch ein paar Schritte, dann fragt er: "Wie stehst du zu Saya?"
Mari senkt etwas verlegen den Blick. "Ich hab sie lieb.": sagt sie dann schlicht und aus dem Herzen.
Condir drückt sie kurz zu sich. "Das ist gut. Und sie? Hat sie dich auch lieb?"
Mari sagt eine kleine Weile gar nichts, dann sieht sie Condir an. "Sie sagt es nicht und es ist schwer ihr etwas anzusehen. Ich glaub sie mag es nicht wenn man ihr in die Karten schaut. Aber sie nimmt mich wie ich bin, mit allen Narben und allen Fehlern. Sie hat mich nicht einmal weg gejagt als ich ihr eine Menge Kummer gemacht hab und wenn sie mich in den Arm nimmt, wenn sie sich um mich kümmert, wenn sie mich anlächelt, dann spür ich es. Ja, ich glaub' auf ihre Art hat sie mich lieb und selbst wenn ich es mir nur einbilde ich hab' genug Liebe für uns beide. "
Wieder spürt Mari einen vermehrten Druck an ihrer Schulter. "Ich weiß, Saya ist da etwas eigen. Irgendwann wirst du merken, ob sie dich wirklich lieb hat oder nicht. Spätestens dann, wenn sie für dich den Kopf riskiert. Aber weißt du, unter all den Tätowierungen, da steckt ein wirklich liebes Mädel. Manchmal glaube ich nur, sie weiß es selbst nicht, oder will es wenigstens nicht wissen. Es gibt nicht viele, die es schaffen, dieses liebe Mädel zu entdecken. Ich habe es geschafft."
Der Blick von Maris großen dunkelen Augen irren über das Gesicht des Jägers bevor sie ihm in die Augen schaut. "Mehr wünsch' ich mir gar nicht.": sagt sie leise. "Weißt du, es gibt Momente...." Mari sucht nach Worten. "So wie ein Blitz in stockdunkler Nacht für einen winzigen Augenblick alles hell macht, da glaub ich kann sie sehen, da hinter ihrer Mauer...." Sie schüttelt den Kopf. " Aber ich hab ihr versprochen, daß ich kein Klotz an ihrem Bein sein werde und ich hab Angst das ich was Falsches mach' oder sage, daß ich ihr auf die Nerven geh. Ich kann eine ganz schöne Klette sein, verstehst du?"
Sie gehen nun eine ganze Weile die Trümmer entlang, in der Condirs Arm immer um Maris Schultern liegt. "Ich kann dich schon verstehen. Aber, um ehrlich zu sein, ich bin gar nicht so glücklich mit Sayas Beförderung. Weißt du, Saya hat Mut, Saya kann kämpfen wie wenig andere. Aber, und ich sage dir das jetzt im Vertrauen, Saya ist keine Anführerin. Sie versteht es wohl, Leute für sich zu gewinnen, sie zu führen. Aber Saya denkt zu viel mit dem Herzen und zu wenig mit dem Kopf. Sie macht vieles richtig, das will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber dann verrennt sie sich wieder in irgendetwas, und da braucht sie die Klette, die ihr den Kopf wäscht, die sie zusammenscheißt wie ein kleines Mädchen. Denn jetzt mehr denn je kann ihr das wirklich den Kopf kosten. Bisher war ich die Klette, die ihr auch einmal die Faust ins Gesicht gedonnert hat, wenn es nötig war - und du kannst mir glauben, das hat mich viel Überwindung gekostet. Ich war die Klette, die sich von oben bis unten vollreihern gelassen hat, wenn sie wieder einmal ihre Tage hatte und vor lauter Schnaps nicht mehr wusste, wo oben und wo unten ist. Ich war die Klette, die sie in den Arm genommen hat. Ich habe Saya auch lieb, vielleicht nicht so wie du. Ich habe keine Frau so lieb, wie du Saya liebst, wenn du weißt, was ich meine. Aber Saya braucht eine Klette. Ich kann es jetzt nicht mehr sein. Glaubst du, du kannst diese Klette werden?"
Für eine Weile verschlägt es Mari die Sprache. Diesen Brocken muß sie erst verdauen. So geht sie still neben Condir her, dann bleibt sie stehen und schaut ihn an. "Ich weiß nicht ob ich's kann. Ich bin nur eine verstoßene Kellerratte und kann nicht viel, aber ich werde es versuchen. Ich versprech' dir das ich für sie da sein werde und ich hab' keine Angst vor ihr, auch wenn sie mir wieder eine rein haut, werd' ich ihr sagen wenn ich glaube sie macht einen Fehler." Dann lächelt sie. "Aber mit der Faust ins Gesicht donnern das wird's nicht spielen. Schau mich an! Ich hab nicht deine Statur. Wenn ich das probiere dann legt sie mich übers Knie und versohlt mir den Hintern das ich drei Tage nicht sitzen kann." Dann legt sie dem Jäger, den sie kaum eine Stunde kennt, und trotzdem traut für einen Moment die Hand auf die Schulter. "Aber es kann sein, daß ich irgendwann Hilfe brauch mit ihr. Kann ich dann zu dir kommen?"
Condir lacht. "Mädel, das hat mit deiner Statur doch nichts zu tun! Oder glaubst du, ich hätte meinem Sayalein mit voller Kraft ins Gesicht geschlagen? Dann hätte sie keine Zähne mehr und eine schiefe Nase." Er sieht Mari an, dann fährt er ernst fort: "Es ist mir auch egal, wie du es machst. Ich bitte dich nur, auf sie aufzupassen. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich sie eines Tages an einen Balken binden müsste und ihr sämtliche Tätowierungen vom Leib peitschen."
Nach einer kleinen Pause fügt er hinzu: "Und du kannst jederzeit zu mir kommen. Der, der mein kleines Mädel liebt, den liebe ich auch. Und ein bisschen Braten und einen Krug Bier, das kannst du auch jederzeit haben."
Sie sind nun beinahe wieder da, wo sie vorher gestartet sind. Condir sieht Mari wieder ins Gesicht: "Ach, und glaube mir, wer unter den Ratten überlebt hat und auf den Ruinenfeldern, der ist nicht 'nur'. Mädel, du kannst wirklich stolz auf dich sein. Und glaub' mir, würde Saya es nicht ebenso sehen, dann wärst du jetzt nicht hier."
"Ich werd auf sie aufpassen solang ich bei ihr bin, das versprech ich.": sagt Mari. Als sie weiter redet stellt sie sich ein wenig aufrechter hin und ihre Stimme klingt fest: "Wenn du sowas mit Saya machen willst, ganz egal von wem das kommt, dann mußt du zuerst mich umbringen." Sie droht nicht oder wird dramatisch, sie stellt es einfach fest. Doch schnell lächelt sie wieder. "Danke! Aber sei vorsichtig was du sagst. Vielleicht komm' ich jeden Tag und esse euch den Braten weg." Bei den nächsten Worten des Jäger wird Mari wieder verlegen."Was hätt' ich denn sonst tun sollen. Umbringen wollt ich mich nicht.": sagt sie leise. Aber der Jäger kann ziemlich sicher sehen, daß Mari die anerkennenden Worte freuen.
Abrupt bleibt Condir stehen. Er nimmt seinen Arm von Mari, stellt sich vor sie hin. Dann gehen beide Hände auf ihre Schultern. "Mari," sagt er, "genau so sollst du eben nicht denken. Denn wenn Imeria ein Todesurteil gefällt hat, dann wird es vollstreckt. Da kannst du Mut haben, so viel du willst. Imeria ist stärker als du. Vergiss das nie! Du hast die Ruinenfelder auch nicht nur mit Mut überlebt, sondern weil du deinen hübschen Kopf angestrengt hast, gewusst hast, welche Risiken du eingehen kannst und welche nicht. Du kannst Saya nicht beschützen, indem du dich einfach umbringen lässt. Du musst leben, du musst für sie da sein. Sie hat es vorher treffend gesagt, du musst sie mal auf den Boden hauen, manchmal davon aufheben. Ich kenne dich nicht, oder nur wenig, aber ich fühle, dass du das kannst. Und wenn ich mein Mädel jetzt ziehen lasse, auf einen Posten, für den sie das halbe Haus beneidet, dann kann ich nur gut schlafen, weil ich weiß, dass jemand für sie da ist, der sie wirklich lieb hat. Und dafür kannst du mir so viel Fleisch wegessen, wie ich heranschaffen kann. Lieber esse ich für den Rest meines Lebens Wassergrütze, als meine Saya allein zu wissen."
Er nimmt Mari in den Arm und drückt sie an sich, dass ihr fast die Luft ausgeht. "Aber so langsam sollten wir doch zurückkehren. Nicht dass Saya noch meint, du hättest mich komplett umgedreht."
Nachdenklich schaut ihn Mari an. Nach einer kurzen Weile nickt sie: "Ja, ich versteh dich. Ich werde für sie da sein, ihr in den Hintern treten, wenn's sein muß und sie halten, wenn sie Halt braucht und ich hab sie wirklich lieb. " Für einen Moment senkt sie den Blick, dann schaut sie wieder zu ihm hinauf. "Ich will ja gar nichts anderes als bei ihr sein." : sagt sie mit einem sanften Lächeln und dann bleibt ihr wirklich die Luft weg, als sie der Riese in den Arm nimmt. "Dann gehen wir bevor sie sich noch den Kopf zerbricht.": zwinkter sie Condir zu.
Mari und Condir kehren zur Gruppe zurück uns setzen sich an ihre alten Plätze.
Out of character
Auf Discord ausgespielt - vor dem Post des Sehers