BUILD YOUR OWN WORLD Like what you see? Become the Master of your own Universe!
Wed, Mar 19th 2025 10:37   Edited on Mon, Oct 27th 2025 09:26

[Tag 21, morgens] Ein herzlicher Abschied

Viel ist passiert am Vortag. Viel ist passiert an den Tagen zuvor. Und insgesamt wohl etwas zu viel für die Dargha, die ja bekanntlich einen Schwächeanfall erlebt hat und somit eine ganze Weile lang ausgefallen ist. Nun hat sich dadurch weniger geändert, als insbesondere die Dargha selbst es wohl glaubt. Für einen allerdings hat dieser Schwächeanfall doch einschneidende Konsequenzen gehabt, und zwar für Leif Thorbenson, der ja mit hochgezogenen Armen in dem Verhörraum ausgeharrt hat, darauf wartend, dass die Dargha ihrem Rottenführer den Befehl gibt, ihn wieder aus dieser peinlichen Situation zu befreien. Nur, der Befehl ist einfach nicht gekommen, ganz einfach deshalb, weil die Dargha sich eben in beinahe komatösem Tiefschlaf befunden hat. Und so ist Leif da gestanden, ohne etwas zu essen oder zu trinken zu bekommen, stundenlang, ohne jedoch die Möglichkeit, sich irgendwie zu entspannen ohne die Schmerzen in den Schultergelenken noch weit unerträglicher zu machen. Nun ja, irgendwann hat der Rottenführer dann doch Erbarmen gehabt, irgendwann am Nachmittag, hat ihn von dem Balken genommen und wieder in das finstere Kellerloch gebracht. Dort hat er ihn wieder an den Ring gebunden, nackt wie er ist. Und diese äußerst unbequeme Position wird Leif wohl als unsägliche Erleichterung vorgekommen sein - wenigstens zunächst. Schließlich hat ihm ein Jäger auch noch einen Napf mit jenem unbeschreiblichen Eintopf aus Essensresten gebracht, der wohl für die Gefangenen reserviert ist: vom Geschmack her ekelhaft, doch einigermaßen nahrhaft. Und insbesondere wird Leif Flüssigkeit in seiner Kehle spüren, die inzwischen komplett ausgetrocknet sein muss. Wenn er auch essen muss wie ein Hund, da er ja keine freie Hände hat. Die Nacht hat er in dem kühlen, feuchten Kellerloch in absoluter Dunkelheit verbracht, ohen die Möglichkeit sich ordentlich hinzusetzen oder gar zu -legen, irgendwie kauernd. Er wird die Zeit vergessen haben.   Es ist die Dargha selbst, die das erste Licht in das Kellerloch bringt. Sei erscheint mit zwei Jägern, eine Lampe in der Hand haltend. Mit kühlem Blick schaut sie Leif an, sagt kein Wort. Mit dem Zeigefinger malt sie zunächst einen Kreisel in die Luft, deutet dann mit dem Daumen hinter sich zur Treppe, worauf die Jäger Leif losbinden. Es geht wieder die Treppe nach oben und in den Verhörraum. Wieder wird er aufgezogen wie am Tag vorhin, während die Dargha ihre Hemdärmel hochkrempelt und ihre muskulösen, mit einer Schuppentätowierungen Unterarme preisgibt. Die Jäger treten zurück und sehen zur Dargha. Dann geht es los.   Es ist kein Verhör. Die Dargha stellt keine Fragen. Sie prügelt einfach nur mit ihren Fäusten auf Leif Thorbenson ein. Freilich, Saya Nayara ist eine Frau, und wenn sie auch auf das Prügeln und Kämpfen trainiert ist wie wohl nur wenige auf der ganzen Insel, so sind die Schläge doch weniger brutal als wären sie beispielsweise von ihrem mächtigen Rottenführer durchgeführt. Doch Saya schlägt in schneller Folge, so dass Leif fast ständig irgendwo getroffen wird, ohne eine wirkliche Chance zu haben, die Muskeln dauerhaft anszuspannen, um die Schmerzen zu lindern. Und Saya ist ausdauernd, wenn auch bald ihr Hemd an den schweißnassen Schultern klebt, ihr der Schweiß über das Gesicht rinnt. Wahllos trommeln ihre Fäuste auf Leifs Oberkörper ein, in den Bauch, gegen die Brust, in die Seiten. Sie schlägt ihm weder auf den Kopf noch ins Gesicht - das schmerzt und lässt womöglich Finger brechen. Irgendwann, nach einer halben oder dreiviertel Stunde, lässt Saya von ihrem Opfer ab. Sie sagt noch immer kein Wort, sondern verlässt ganz einfach den Raum. Die Jäger nehmen den armen Leif nun vom Balken und führen ihn aus dem Raum. Nun jedoch drehen sie nach rechts, zu dem Tor, das sie auf die Straße führt. Es hängt von Leif ab, inwieweit er noch selbst gehen kann oder inwieweit sie ihn schleifen, aber es geht ganz eindeutig in die Richtung der Fultenbrücke, sogar auf die Fultenbrücke, und zwar genau bis zur Mitte derselben.   “Darf ich vorstellen,” ruft einer der Jäger nun zu den Wachen auf Thornhoff-Seite, “der ehrwürdige Leiter der Schiffchenschule des werten Barönchens!”   Dann gibt er Leif einen gehörigen Tritt in das nackte Gesäße, so dass dieser wohl gehörig auf die Fresse fliegt Dann drehen sich die Jäger um und begeben sich wieder auf ihre Seite des Flusses.
Schmerz durchzuckte seinen Körper, als er auf die harte Steinpflasterung der Fultenbrücke fiel. Seine Arme zitterten vor Erschöpfung, und jeder Atemzug brannte in seiner Brust. Die Worte des Jägers hallten in seinem Kopf wider: "der ehrwürdige Leiter der Schiffchenschule des werten Barönchens!" Ein höhnischer Titel für einen Mann, der gerade die Hölle durchlebt hatte.   Mit Mühe hob er den Kopf und blickte in Richtung der Thornhoff-Seite der Brücke. Die Wachen dort starrten ihn an, einige mit Mitleid, andere mit unverhohlener Verachtung. Er wusste, dass er in diesem Zustand keine Autorität ausstrahlte, geschweige denn den Respekt verdienen konnte.   Langsam und unter großen Schmerzen stemmte er sich auf die Knie. Jeder Muskel in seinem Körper schrie vor Qual, doch der Wille, nicht gebrochen zu werden, trieb ihn an. Er musste zurückkehren, musste zeigen, dass er trotz allem noch stand.   Als er schließlich aufstand, schwankte er leicht, fand aber seinen Halt. Mit gesenktem Kopf und brennender Scham in seinem Herzen setzte er einen Fuß vor den anderen, die Brücke überquerend, zurück ins Thornhoff-Gebiet. Jeder Schritt war eine Qual, doch jeder Schritt brachte ihn seinem Ziel näher: der Rückkehr zur Schule, zu seinem Leben. Die Straßen waren schon sehr belebt, doch die Menschen wichen ihm aus, flüsterten hinter vorgehaltener Hand. Er konnte die Blicke spüren, die Fragen, die unausgesprochen in der Luft lagen. Doch er ignorierte sie, konzentrierte sich nur auf sein Ziel.   Endlich erreichte er die Akademie. Mit zitternder Hand öffnete er sie und trat ein. Die vertrauten Geräusche und Gerüche empfingen ihn, doch nichts fühlte sich mehr wie zuvor an. Er wusste, dass er sich erklären musste, dass Fragen auf ihn warteten. Doch für den Moment war er einfach nur froh, zurück zu sein, lebendig und bereit, sich den Herausforderungen zu stellen, die vor mir lagen