Frosthenne

Frosthenne

Wo das Zwitschern des Winters zum Fluch wird.


Einleitung & Atmosphäre

Zuerst ist da nur der Wind — dünn und schneidend, wie ein Messer aus Luft. Dann folgt ein Laut, kaum mehr als ein kehliges Glucksen, doch es trägt den Klang von etwas, das nicht leben sollte. Ein Schimmer huscht über den Schnee, kaltblau wie gefrorenes Licht, und mit ihm kommt ein Geruch nach nassem Metall und uraltem Eis.

Die Frosthenne erscheint nicht mit Gebrüll, sondern mit einem erstickten Wispern. Ihre Schritte sind leise, doch das Knirschen des Frosts unter ihren Klauen verrät sie, wie ein leises Räuspern des Todes. In ihrer Gegenwart erstarrt selbst die Luft — der Atem gefriert, die Gedanken verlangsamen sich, und jedes Herz schlägt dumpf, als müsse es sich durch Eis bewegen.


Erscheinung & Verhalten

Die Frosthenne ist ein unheiliges Geschöpf, geboren aus der Laune des Winters. Ihr Körper erinnert an ein Huhn, doch ihre Federn sind von kristalliner Kälte: glasig, schuppig und durchzogen von feinen Rissen, in denen sich das Licht bricht wie in gefrorenem Wasser. Zwischen ihnen ziehen sich Spuren von Reptilienhaut, und ihr Kopf trägt eine Krone aus scharfkantigem Horn.

Ihre Augen leuchten milchweiß und ohne Pupillen. Wenn sie sich nähert, kündigt sie sich durch ein dumpfes Knacken an — nicht ihrer Knochen, sondern des Bodens, der unter ihrer eisigen Präsenz gefriert. Frosthennen sind Einzelgängerinnen, die in vereisten Wäldern, Höhlen oder verfluchten Mooren nisten. Dort lauern sie, stundenlang reglos, bis Beute vorbeistreift — ein flüchtiger Schatten, ein unglückliches Tier, manchmal auch ein Mensch.


Fähigkeiten & Natur

Die Frosthenne verfügt über eine unnatürliche Begabung: ihren Frostatem, einen kurzen, gleißenden Ausstoß von Eiseskälte, der alles Leben im Umkreis erstarren lässt. Ihr Frostgift, das sie mit einem einzigen Biss überträgt, lähmt Fleisch und Verstand, als würde der Winter selbst in die Adern kriechen.

Ihre Kälte ist nicht nur körperlich, sondern geistig spürbar. Viele, die sie überlebten, berichten von einer plötzlichen, erdrückenden Stille — einem Gefühl, als würde die Welt für einen Moment den Atem anhalten, bevor alles im Frost vergeht.

Trotz ihrer Gefährlichkeit wird sie gejagt: das Gift der Frosthenne ist eine begehrte Zutat für Alchemisten, Hexen und frostgeborene Priester. Eine einzige Phiole kann Leben retten — oder ganze Königreiche vergiften.


Mythos & Bedeutung

In den Legenden der Nordlande heißt es, die Frosthenne sei die Strafe eines erzürnten Wintergottes, erschaffen aus der letzten Feder eines Hahns, der die Sonne zu früh geweckt hatte. Seit jenem Tag durchstreift sie die gefrorene Welt, auf ewig dazu verdammt, den Morgen zu verschlingen, bevor er anbricht.

Manche nennen sie ein Omen: Wo sie gesehen wird, folgt ein Winter, der kein Ende kennt. Andere beten zu ihr, in der Hoffnung, sie möge ihre Brut verschonen und nur die Feinde erstarren lassen.


Zitat

„Ich hörte sie nicht kommen — doch plötzlich war der Schnee still, und das Licht bekam die Farbe von altem Glas.“
— Aus dem Reisetagebuch des Alchemisten Morvyn Thal

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