Das Leben des Wurzelvolks in Njörvalla
Die Zeit vor den Menschen
Lange bevor die ersten Menschen Njörvalla betraten, war das Wurzelvolk eine der ältesten und tiefsten Manifestationen des Lebensnetzes. Ihre Existenz war eng mit der Erde verflochten, ihre Gemeinschaften wuchsen mit den Wäldern, ihre Erinnerungen durchzogen die Böden und ihre Schwingungen durchliefen die Wurzelsysteme der gesamten Welt. Sie waren keine Herrscher, keine Eroberer, sondern Teil des großen Gleichgewichts – und dennoch war ihr Leben alles andere als friedvoll.
Die uralten Gemeinschaften
Die Welt des Wurzelvolks war nie statisch. Über Generationen hinweg entwickelten sich verschiedene Clans, deren Lebensweise durch die Umgebung geprägt wurde. Manche von ihnen bevorzugten tiefe Wälder, in denen sie ihre Wurzeln tief in den fruchtbaren Boden schlugen und über Jahre hinweg an ein und denselben Ort gebunden blieben. Andere waren wandernde Gruppen, die sich nur zeitweise mit der Erde verbanden und weiterzogen, wenn das Land ihre Energie nicht mehr genügend nährte.
Diese Unterschiede führten zu Spannungen zwischen sesshaften und nomadischen Wurzelwesen. Die Tiefwurzel-Clans betrachteten bestimmte Gebiete als ihr eigenes und sprachen von uralten Stätten, die für sie heilig waren. Wandernde Gruppen hingegen sahen das Netz des Lebens als etwas Fließendes, das sich durch ständige Bewegung verstärkte. Es kam zu Auseinandersetzungen darüber, wer bestimmte Gebiete nutzen durfte und welche Clans Vorrang hatten, wenn es darum ging, sich mit der Erde zu verbinden.
Doch während interne Spannungen ihre Gesellschaft formten, war es nicht nur das Wurzelvolk selbst, das das Gleichgewicht herausforderte – es gab uralte Feinde, die eine weitaus größere Bedrohung darstellten.
Die Feinde des Wurzelvolks
Vor den Menschen gab es Kreaturen, die nicht einfach nur neben dem Wurzelvolk existierten, sondern aktiv ihre Lebensweise untergruben. Diese Wesen verstanden das Netz des Lebens nicht als einen Kreislauf, sondern als eine Quelle, die sie nutzen, schwächen oder gar zerstören konnten.
Die Fahlzehrer
Die Fahlzehrer waren eine der gefährlichsten Bedrohungen für das Wurzelvolk. Sie schlichen unter der Erde, verborgen vor den meisten Lebewesen, und ernährten sich von den tiefsten Wurzeln der Pflanzen und Wesen, die mit dem Lebensnetz verbunden waren. Sie konnten ganze Regionen ihrer Lebenskraft berauben, sodass der Boden verwelkte, Bäume starben und die Schwingungen des Netzwerks verstummten.
Das Wurzelvolk musste sich gegen sie verteidigen, indem es sich gegenseitig warnte und durch spezielle Rituale bestimmte Gebiete stärkte. Es gab Zeiten, in denen ganze Gruppen gezwungen waren, ihre Heimat aufzugeben und sich neu zu verwurzeln, weil die Fahlzehrer ihre Lebensgrundlage vernichtet hatten.
Die Schwarzdornen
Ein weiteres feindliches Volk waren die Schwarzdornen – düstere, überwuchernde Pflanzenwesen, die sich nicht harmonisch mit dem Land verbanden, sondern es dominierten. Sie verdrängten andere Pflanzen, erstickten Lichtungen und ließen nichts anderes wachsen außer sich selbst.
Sie betrachteten das Wurzelvolk als Konkurrenten und versuchten, ihre Stätten zu vereinnahmen. Ihr Einfluss breitete sich wie ein dunkler Fluch aus, sodass das Wurzelvolk gezwungen war, Grenzen zu ziehen und ihre Gebiete durch Schutzpflanzen zu sichern. In manchen alten Erzählungen ist die Rede von verzweifelten Kämpfen, in denen das Wurzelvolk versuchte, ihre Energie durch magische Wurzelgesänge zu bündeln, um das Wachstum der Schwarzdornen zu bremsen.
Die Moorschatten
Die geheimnisvollste Bedrohung waren die Moorschatten – geisterhafte, wandelbare Wesen, die aus fauligen Gewässern kamen und deren bloße Anwesenheit das Land krank werden ließ. Sie besaßen keine feste Form, sondern schienen aus dunklem, verschleiertem Nebel zu bestehen, der sich langsam durch Wälder und Wiesen fraß.
Das Wurzelvolk musste sich vor ihnen in Acht nehmen, denn wo die Moorschatten sich niederließen, wurde der Boden leblos. Ihre Energie wurde verschlungen, ihre Verbindung zum Netz des Lebens wurde gestört, und sie verloren ihre Fähigkeit, Kraft aus der Erde zu schöpfen. Die einzigen Mittel gegen diese Bedrohung waren uralte Schutzpflanzen und tief verwurzelte Orte, die gegen die Verderbnis gewappnet waren.
Das langsame Erbe der Vergangenheit
Jahrtausende lang kämpfte das Wurzelvolk nicht gegen Eroberer oder große Kriege, sondern gegen das Verschwinden der eigenen Lebensquelle. Ihre Gesellschaft passte sich diesen Bedrohungen an, entwickelte spezielle Techniken, um ihre Heimat zu verteidigen, und nutzte das Wissen ihrer Ältesten, um das Lebensnetz zu stärken.
Als schließlich die Menschen nach Njörvalla kamen, war das Wurzelvolk kein unberührtes Volk, sondern eines, das bereits lange mit existenziellen Herausforderungen gelebt hatte. Die Menschen waren nicht ihre ersten Feinde – sie waren nur die neuesten. Ihr Volk hatte gelernt, sich zu schützen, sich anzupassen und zu überleben, lange bevor die ersten Menschen ihre Schritte auf das Land setzten.
Die Zeit vor den Menschen war keine unberührte Idylle, sondern eine Geschichte des Überlebens, der Veränderung und der ständigen Anpassung an eine Welt, die nie vollkommen stabil war. Das Wurzelvolk war nicht einfach eine alte Spezies, sondern eine widerstandsfähige Kraft, die sich über Jahrtausende hinweg weiterentwickelt hatte.