Das eingefrorene Dorf

Life, Trauma/ Loss

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In den vergangenen Tagen machten sich Gerüchte in Erzfurt breit. Die Menschen tuschelten von großen Eis-blöcken, die die stärker werdende Sonne freigelegt hatte und die begonnen hätten sich zu bewegen. Manche erzählten, sie hätten Giganten mit einer Körpergröße von über drei Metern und großen Hörnern aus Eis auf den Köpfen in der Ferne gesehen. Und die Alten erzählten den Kindern schauerliche Geschichten, dass diese Riesen ihre Opfer einfrieren und verspeisen und die Kinder bekamen Angst und kaum noch welche spielten auf den Straßen der Stadt. Die Menschen erzählten sich, es sollte ein Wagen mit einer Lieferung nach Südrin auf halbem Weg zu einem Eisblock erstarrt sein, ohne eine Spur von den Männern, die diesen begleiteten. Von dem Dorf selbst hatte man schon den gesamten Winter wenig gehört, was auf Grund des vielen Schnees zwar nichts Unübliches war, aber die Fantasie der Menschen was dort vorgefallen sein könnte weiter antrieb.

Auf einem von Traubons morgendlichen Gebeten in der Flusskapelle, erzählte ihm Vater Alden, dass er sich um seinen Glaubensbruder Kael und seine Gemeinschaft in Südrin sorgte. Ohne große Überlegung war für den alten Zwerg klar, dass er die Gruppe um Neolo, Melandra und einen grade kennengelernten Barden dazu bringen musste dort rauszugehen und nach dem Rechten zu schauen.
Auch wenn Melandra dafür eine ihrer heiß geliebten Alchemiestunden schwänzen und Neolo schon wieder, wenn auch nur vorübergehend, Abschied von seinem Bruder nehmen musste, machten sich die vier Gefähr-ten auf den Weg nach Südrin. Die Sonne schien an diesem Wintertag und auch der Schnee ragte Traubon nicht mehr bis zum Kinn, doch es war immer noch kalt und einzig die Töne, welche Larry auf seiner Laute zupfte, sollten der Gruppe auf ihrem Weg etwas Wärme geben.
Nach wenigen Stunden erreichten sie den Wagen, welcher zwar nicht wie in den Geschichten der Stadtbe-wohner in einem Eisblock eingeschlossen war, allerdings tatsächlich bis ins tiefste Holz eingefroren zu sein schien. Auch gab es keine Spuren von einem Kampf oder einer anderen Art von Auseinandersetzung, einzig ein paar wenige Eissplitter lagen um den Wagen herum und verloren sich in etwas Entfernung im Schnee. Die Gruppe entschied den festgefrorenen Wagen stehen zu lassen und setzte ihre Reise nach Südrin fort, wo sie schon zur Mittagsstunde ankommen sollte.
Im Dorf fanden sie ein seltsames Bild vor. Alles schien ruhig, doch weder Rauch stieg aus den Schornsteinen der Hütten auf noch Menschen bewegten sich zwischen diesen. Es standen zwar ein paar wenige auf den Wegen des Dorfes, doch diese waren genauso festgefroren wie der Wagen, den sie zuvor gefunden hatten. Eine Kälte umgab das Dorf die tief ins Innere zog und gegen die die Kleidung der Gefährten nichts zu bringen schien. Kaum traten die Gefährten zwischen die ersten Hütten des Dorfes, wurden sie auch schon von kleineren Eiselementaren angegriffen. Die Gruppe konnte diese zwar in wenigen Momenten besiegen, wodurch sie in Wolken aus Eissplittern explodierten, doch kalt blieb es im Dorf und die Bewohner rührten sich noch immer nicht.

Auch im Dorf waren keine Anzeichen eines Kampfes zu erkennen, einzig eine deutlich größere Anzahl Eissplit-ter war überall im Dorf verteilt und schien sich in eine Richtung aus dem Dorf zu entfernen. Die Gruppe folgte den Splittern und erreichte nach kurzer Zeit eine Höhle, vor der zwei Eiskolosse saßen, welche allzu genau auf die Beschreibungen aus den Legenden passten. Larry schlich sich vorsichtig an die Elementare ran und sah, wie einer von ihnen einen eingefrorenen Dorfbewohner wie ein Kind sein Wassereis verspeiste. Die eisi-ge Zunge des Riesen schleckte an dem verstümmelten Körper und legte Schicht für Schicht eingefrorene Körpermaße frei. Dahinter sah Larry noch drei weitere eingefrorene Dorfbewohner. Ein Kind, welches sich anscheinend im letzten Moment an seine Mutter geklammert hatte und ein Mann.
Larry schauderte.
Noch nie hatte er so etwas schreckliches gesehen.
Schnurstracks schlich er zurück zu seinen neu dazu gewonnen Gefährten. „Hoffentlich können die so gut kämpfen, wie die sagen.“, dachte er sich und schauderte noch einmal bei dem Gedanken so zu enden wie diese Arme Seele in den Händen des Kolosses. Für Neolo, Melandra und Traubon war die Situation schnell klar. Sie mussten die Riesen besiegen, um zu schauen, ob dies den Fluch brechen und die Dorfbewohner aus ihrem Winterschlaf holen würde. Ohne große Überlegungen traten sie auf die Lichtung vor der Höhle und forderten die Elementare heraus. Einzig Larry blieb im Unterholz und versuchte die beiden Gegner mit Tönen seiner Laute und Sprüchen abzulenken.

Es war ein harter Kampf bei dem sowohl Melandra als auch Traubon durch die anstürmenden Kolosse zu Boden gingen, doch auch durch die mächtigen Schläge des Neolo konnte die Gruppe beide Riesen niederstre-cken. Kaum war der zweite Riese in einer Explosion aus Eis besiegt, begannen die Dorfbewohner, welche die Riesen noch in ihrer Höhle gelagert hatten, langsam aufzutauen. Neolo und Traubon nährten sich den wieder lebendigen aussehenden Menschen und versuchten sie durch Worte zu beruhigen.
Mit weit aufgerissenen, leeren Augen starte das Mädchen in die Ferne, wo grade noch der Koloss mit dem eingefrorenen Körper in der Hand gestanden hatte. „Papa…?“, flüstere sie leise und die Kälte und Leere in ihrer Stimme zerriss jedem der Gruppe das Herz. Das Mädchen deutete auf den Riesen. „Wo ist Papa?“, fragte sie erneut und ein Zittern ging durch ihre Stimme.
„Ich hoffte über die ganze Zeit so sehr es wäre nur ein schrecklicher Traum.“, sagte die Mutter mit ihrer Tochter fest im Arm, um sie daran zu hindern rauszulaufen und zu sehen, wie wenig die Kolosse von ihrem Vater noch übriggelassen hatten.


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